Volltext: Das Bild als Waffe

der Franz-Joseph sein aus bunten Fetzen zusammengesetztes Kleid (Böh¬ 
men, Galizien, Kroatien, Bosnien, Ungarn) ausbessert. Die Fetzen Triest 
und Trient fliegen ihm davon 280. 
Wie die französische Bildsatire die hungernden deutschen Kinder mit 
ihrem Spott nicht verschonte, so auch nicht den greisen Franz-Joseph. 
Für sie ist er entweder der heimtückische Komplize Wilhelms II. oder — 
noch öfter — der närrische Alte. Eine Sondernummer der BAIONNETTE 
über ihn war betitelt «LTmperial Gaga» 281. Man nannte ihn mit einem 
Wortspiel den «Perd la Victoire». Selbst sein Tod wurde zum Anlaß ge¬ 
schmackloser Scherze genommen; Ibels behauptete, daß er ein großer Ver¬ 
lust — für die Humoristen sei 282. 
Zahlenmäßig noch weniger bedeutend als die Angriffe gegen Öster¬ 
reich waren solche gegen Bulgarien und die Türke i. Die lange 
Nase des Königs Ferdinand wurde gern zur Zielscheibe des Spottes ge¬ 
macht. Den Türken warf man die armenischen Greuel vor. Im übrigen 
waren die Anspielungen auf das deutsch-türkische Bündnis meist gegen 
Deutschland gerichtet, in dessen Zusammengehen mit den Anhängern 
Mohammeds man einen Beweis für seine christentumsfeind¬ 
liche Gesinnung erblicken wollte. 
Vergleiche zwischen Deutschland und seinen Bundesgenossen führten 
zur — sicher ungewollten — Anerkennung der deutschen Über¬ 
legenheit. Sei es, daß man die Bulgaren als Halbwilde in der deut¬ 
schen Uniform darstellte: „Die Kleider unserer Freunde sind unsere Klei¬ 
der!“ 283, sei es, daß man die Österreicher über die deutschen Hilfstruppen 
ungehalten sein ließ, da sie dann nicht einmal mehr ungestört fliehen 
könnten 284. 
f) Vom Waffenstillstand nach Versailles. 
Mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen Deutschland 
und der Entente am n. November 1918 hatten die Feindseligkeiten, soweit 
sie mit Waffengewalt ausgetragen wurden, ein Ende gefunden. Der 
Kampf der Ideen ging weiter. 
Wenn wir den fünf bisher geschilderten Motivgruppen, die der bild¬ 
lichen Agitation auf dem Gebiet der Außenpolitik dienten, eine sechste 
über die Zeit vom Waffenstillstand bis zur Unterzeichnung des Versailler 
Vertrags zugesellen, so geschieht es, weil die französische Propaganda sich 
in diesen acht Monaten einer Neuorientierung unterwerfen mußte, 
die auf die Bildpropaganda nicht ohne Einfluß blieb. Neue Probleme 
tauchten auf. Die Niederzwingung Deutschlands, die Kriegstribute, die 
neue deutsche Republik, Versailles und der Völkerbund waren schwer¬ 
wiegende Fragen, die der Beantwortung harrten. 
98
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.