Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

ung hervor, als ob ein Vorgehen gegen Serbien lediglich von dem mehr 
oder minder guten Willen der Heeresleitungen der verbündeten Zentral¬ 
mächte abgehangen habe oder noch abhänge. Es ist angezeigt, dieser 
Legende ein Ende zu bereiten. Ob der Angriff auf Serbien in den beiden 
ersten Monaten des Krieges möglich und nützlich war, entzieht sich mei¬ 
ner Kenntnis. Jedenfalls aber standen weder Deutschland noch Öster¬ 
reich-Ungarn nach den Rückschlägen an der Marne und an der Weichsel 
Kräfte zu Gebote, die für diesen Zweck hätten eingesetzt werden können. 
Sobald dann durch die Schläge gegen die Russen in Polen im November 
Österreich-Ungarn einigermaßen der Besorgnis vor einer russischen Über¬ 
schwemmung Ungarns enthoben war, sind sehr erhebliche Kräfte gegen 
Serbien vorgegangen. Man durfte mit Bestimmtheit hoffen, daß ihnen 
die Herstellung der Verbindung mit Bulgarien gelingen würde . . . Nach 
dem kläglichen Scheitern dieses Versuchs hatte der Winter eingesetzt. 
Während desselben würde eine erneute Offensive zu genau denselben 
Resultaten geführt haben, zu denen der in den Karpaten unternommene 
Angriff gekommen ist, welcher zur Beseitigung der erneuten Bedrohung 
Ungarns und zum Entsatz von Przemysl noch nötiger war als die Nieder- 
kämpfung Serbiens. Einem solchen Rückschlag gerade auf dem Balkan 
durften deutsche Truppen nicht ausgesetzt werden, ganz abgesehen da¬ 
von, daß, solange Ungarn bedroht war, sich jede Operation gegen Serbien 
von selbst verbot. Nachdem nunmehr diese Bedrohung beseitigt scheint, 
wenn nicht noch unvorherzusehende Umstände eintreten, werde ich mit 
allen Mitteln danach streben, meinerseits die nötigen Kräfte für das 
serbische Unternehmen frei zu machen und andererseits die österreichisch- 
ungarische Heeresleitung zu bestimmen, sich mit genügenden Kräften 
daran zu beteiligen. Trotzdem kann aber nach meiner pflichtmäßigen 
Überzeugung einem solchen Unternehmen kein günstiges Prognostikon ^ 
gestellt werden, wenn es unserer politischen Leitung nicht gelingt, Bul¬ 
garien zur sofortigen Teilnahme daran oder doch zu der Zustimmung zu 
bewegen, daß türkische Kräfte durch bulgarisches Gebiet nach Serbien 
einfallen. Euer Exzellenz bitte ich, mich baldmöglichst davon unter¬ 
richten zu wollen, ob hierzu irgendwelche Aussicht besteht oder nicht. 
Ohne die Teilnahme Österreich-Ungarns und ohne die Mitwirkung Bul¬ 
gariens halte ich ein Vorgehen gegen Serbien für völlig unausführbar“. 
Die militärische Forderung der Teilnahme Bulgariens war aber zur 
Zeit unerfüllbar. Denn so lebhaft der Wunsch Bulgariens war, das im 
zweiten Balkankrieg an Serbien verlorene Mazedonien wiederzuerlangen, 
so groß war die Scheu, hierfür neue schwere Opfer zu bringen, so stark 
88
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.