Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

auch der König am 21. Januar dem deutschen Gesandten gegenüber 
Ausdruck gegeben mit den Worten, „von einem Mitgehen mit den Kaiser¬ 
mächten könne leider noch nicht die Rede sein’4. Schon für ihre Neutra¬ 
lität glaubten jedoch die rumänischen Staatsmänner unter Ausnutzung 
der schwierigen militärischen Lage der Mittelmächte im Osten österrei¬ 
chisch-ungarische Gegenleistungen beanspruchen zu können. In seinem 
Glückwunschschreiben an den Kaiser zum 27. Januar, dem Geburtstag 
des Herrschers, spielte König Ferdinand auf die Überlassung der Buko¬ 
wina an Rumänien als Entgelt für die Neutralität an. In seiner Antwort 
ging der Kaiser auf diese Bemerkung nicht ein, sondern begnügte sich 
damit, in längeren Ausführungen den Anschluß Rumäniens an die Mittel¬ 
mächte als ein ,,Gebot der politischen Selbständigkeit Rumäniens“ und 
somit als im eigenen rumänischen Interesse liegend zu bezeichnen. 
Der Ende Januar unternommene Angriff der Mittelmächte aus den 
Karpaten heraus, der den auf Österreich-Ungarn lastenden russischen 
Druck abmildern sollte, blieb bald stecken. Am 6. Februar hielt der 
Reichskanzler ein Telegramm der Obersten Heeresleitung in Händen, das 
sich über die Lage an der Karpatenfront verbreitete. Das Telegramm des 
Generals von Falkenhayn lautete: „Karpatenlage zwar nicht direkt be¬ 
denklich, aber doch so, daß, selbst wenn deutsche Truppen dort gute 
Fortschritte machen, ein allgemeiner Umschwung zu Gunsten der ver¬ 
bündeten Truppen in absehbarer Zeit nicht eintreten wird.“ Damit war 
wieder eine neue Lage geschaffen. Unschwer ließ sich aus dem vorsichtig 
abgefaßten Telegramm des obersten Heerführers herauslesen, daß selbst 
eine ungünstige Wendung der Karpatenschlacht in Rechnung zu stellen 
war. So, wie die Lage war, waren jedenfalls günstige Rückwirkungen auf 
die Balkanlage, wie sie vor allem die österreichisch-ungarische Heeres¬ 
leitung erhofft hatte, nicht zu erwarten. „Entscheidungslose Krieg¬ 
führung im Osten“, zu dieser Beurteilung der Lage würden voraussicht¬ 
lich die Balkanstaaten kommen. 
Zwei weitere Belastungen sollten schon von Beginn des Jahres an 
die Gesamtlage Deutschlands und seiner beiden Bundesgenossen noch 
schwieriger gestalten: die wachsende Spannung zwischen Österreich- 
Ungarn und Italien sowie der englisch-französische Ansturm auf die 
Dardanellen. Der drohende Übergang Italiens ins Gegenlager und die Ge¬ 
fahr eines Niederbruchs der Türkei waren in der Tat dazu geeignet, auch 
den neutralen Balkan gegen die Mittelmächte in Bewegung zu setzen. 
Gleich nach Empfang des Telegramms der Obersten Heeresleitung am 
6. Februar unternahm daher das Auswärtige Amt neue Vorstellungen in 
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