Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

daß das Schwergewicht der Kriegführung für Deutschland an die West¬ 
front gegen Frankreich-England und für Österreich-Ungarn nach Nord¬ 
osten gegen Rußland zu verlegen war. Serbien hatte in diesem Falle die 
Rolle eines Nebenkriegsschauplatzes zu spielen. In dem in der Vorkriegs¬ 
zeit gepflogenen, eingehenden Gedankenaustausch der Generalstabschefs 
der beiden verbündeten Mächte über die Aufgaben der gemeinsamen 
Kriegführung war dies klar zum Ausdruck gekommen.. Zu einem Schrei¬ 
ben des Generals von Conrad vom 1. Januar 1909 hatte der deutsche 
Generalstabschef die Randbemerkung gemacht: ,,Sekundäre Gegner soll 
man sekundär behandeln. “ Aber der Verlauf der Krise hatte die Durch¬ 
führung dieses Grundsatzes in Frage gestellt. Allzulange hatten die 
Mittelmächte an der Hoffnung festgehalten, den kriegerischen Austrag 
auf Österreich-Ungarn und Serbien beschränken zu können. Der öster¬ 
reichisch-ungarische Aufmarsch war daher zunächst gegen Süden ge¬ 
richtet. Als an dem Eintritt Rußlands in den Krieg kein Zweifel mehr 
bestand, gestattete es die Bahnlage nicht, durchgreifende Änderungen 
vorzunehmen und den Aufmarsch von Süden nach Norden herumzuwer¬ 
fen. So entwickelte sich die Ausgangslage gegenüber Serbien gerade so, 
wie es die deutsche Heeresleitung nicht wünschte: Viel zu starke öster¬ 
reichisch-ungarische Kräfte wurden gegen Serbien angesetzt, die nun 
gegen Rußland wenigstens zunächst ausfielen. Mit ihnen sollte angegrif¬ 
fen werden, wobei allerdings gar nicht zu übersehen war, wieviel Zeit 
hierdurch beansprucht werden würde. Sofortiger Angriff auf Serbien 
wäre wenigstens geboten gewesen, um so schnell als möglich die serbische 
Gefahr zu beseitigen und gegen den Hauptgegner im Norden Bewegungs¬ 
freiheit zu erlangen, aber auch diese durch die Gesamtlage unbedingt 
gebotene deutsche Forderung blieb unerfüllt; erst Mitte August war 
Österreich-Ungarn gegen Serbien schlagbereit. 
Der deutschen Auffassung hätte es entsprochen, wenn der Bundes¬ 
genosse sich gegenüber Serbien auf Abwehr eingestellt hätte, sobald mit 
Untersxützung Serbiens durch Rußland zu rechnen war. Mit dem Befehl 
zur Teilmobilisierung der russischen Streitkräfte konnte darüber in Wien 
kaum noch ein Zweifel bestehen. Statt dessen kam am 31. Juli die Mittei¬ 
lung des verbündeten Herrschers: ,,Die im Zuge befindliche Aktion mei¬ 
ner Armee gegen Serbien kann durch die bedrohliche und herausfordernde 
Haltung Rußlands keine Störung erfahren.“ Diese Bemerkung veran- 
laßte eine Erwiderung des Kaisers vom gleichen Tage, die die Auffassung 
der deutschen Kriegführung in der serbischen Frage klar zum Ausdruck 
brachte: ,,Es ist von größter Wichtigkeit, daß Österreich seine Haupt¬ 
U
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.