Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

sichtliche Abgleiten Rumäniens ins feindliche Lager verstärkte nur die 
Bemühungen, die letzte entscheidende Handlung in Bukarest, die Unter¬ 
zeichnung des Vertrags mit dem Feindverband, zu verhindern. Die Taktik 
der beiden ersten Kriegsjahre, durch Versprechungen von Gebietserwer¬ 
bungen und sonstige Zugeständnisse Rumänien ruhig zu halten, war 
jetzt, wo die rumänischen politischen Forderungen bereits von der Feind¬ 
seite angenommen waren, nicht mehr am Platz. Das Angebot wäre in 
Bukarest als Zeichen der Schwäche der Mittelmächte gedeutet worden. 
Es mußte auch wirkungslos bleiben, da es mit den vom Feinde gemachten 
Zugeständnissen nicht Schritt halten konnte. Das sicherste Mittel, den 
Endkampf um Rumänien zu gewinnen, wäre ein entscheidender Sieg 
über Rußland gewesen, der die Kriegslage im Osten durchgreifend zu 
Gunsten der Mittelmächte gewendet hätte. Auch dieser Trumpf stand 
nicht zur Verfügung. Nach der Zermürbung der österreichisch-ungari¬ 
schen Widerstandkraft und dem dadurch bedingten verstärkten deut¬ 
schen Einsatz, dem freilich durch den gleichzeitigen englisch-französischen 
Ansturm im Westen enge Grenzen gesetzt waren, mußte die deutsche 
Heeresleitung zufrieden sein, wenn es wie von Ende Juli ab gelang, neue, 
gefährliche russische Einbrüche in die dünn besetzte Front abzuwehren. 
Militärische Drohungen, deren Gewicht allerdings die für die Mittel¬ 
mächte gespannte Gesamtlage Abbruch tat, sollten daher den Übergang 
Rumäniens ins Gegenlager in letzter Stunde verhindern. Vor allem sollte 
in Bukarest darüber Klarheit bestehen, daß Rumänien bei einem Waffen¬ 
gang mit Österreich-Ungarn auch im Kriege mit Deutschland stehen 
würde. Am 19. Juli erhielt der deutsche Gesandte in Bukarest aus Berlin 
die Mitteilung: ,,In den nächsten Tagen werden voraussichtlich Nach¬ 
richten über Aufstellung deutscher bezw. bulgarischer Truppen an ru¬ 
mänischer Grenze in die Presse dringen. Wir haben keine Angriffsab¬ 
sichten, müssen aber bei zweifelhafter Haltung Bratianus Vorsichtsma߬ 
regeln treffen.“ Am 24. Juli folgte aus Berlin das Telegramm: ,,Bitte 
dem König und Bratianu mitteilen, daß auch die Mobilmachung von uns 
bereits als ein so ernstes Zeichen der Bedrohung aufgefaßt werden würde, 
daß wir alsdann unsere Maßnahmen zu treffen gezwungen wären.“ Auf 
deutsche Veranlassung ließen auch Bulgarien und die Türkei in Bukarest 
darüber keinen Zweifel, daß der Krieg Rumäniens gegen Österreich- 
Ungarn zugleich den Krieg gegen dessen Balkan-Verbündete bedeuten 
würde. 
Bei der Gebundenheit der militärischen Machtmittel der Mittel¬ 
mächte an den Hauptkampffronten war es notwendig, in starkem Um- 
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