Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

angriff Salonikis hier ungünstig gewirkt hat.“ Vier Wochen später hatte 
der neue deutsche Militär-Attachö in Bukarest, Oberst Freiherr von 
Hammerstein-Gesmold, gelegentlich seines Antrittsbesuchs eine längere 
Unterhaltung mit dem rumänischen Ministerpräsidenten, über die er am 
5. Mai eingehend der Obersten Heeresleitung Bericht erstattete. Bratianu 
mache aus seinen Sympathien für die Entente kein Hehl. ,,Er sähe die 
deutsche Operation bei Verdun und die Einstellung der Operation vor 
Saloniki als Mißerfolg an.“ Der Rumänische Militär-Attache Wien habe 
bei Bereisung der galizischen Front keine deutschen Truppen mehr dort 
gesehen, ,,da die Österreicher doch weniger widerstandsfähig als wir 
seien, habe ein russischer großangelegter Angriff gegen den rechten 
österreichischen Flügel viel Aussicht“. ,,Der Minister glaubt bei der vor¬ 
züglichen Organisation und dem Opferwillen der Bevölkerung nicht an 
ein Aushungern Deutschlands. Wohl aber könnten unsere Bundesge¬ 
nossen uns einen Strich durch die Rechnung machen“. Bratianu ,,hält 
einen entscheidenden Sieg der Ententenmächte auf dem Schlachcfelde noch 
sehr wohl für möglich, namentlich liegt ihm die russische Offensive in 
Ostgalizien im Kopf; in Flandern und Frankreich sowie bei Saloniki 
werde die französisch-englische Front kaum von uns durchbrochen wer¬ 
den. Der Unterton: die Mittelmächte werden im Felde nicht die Sieger 
bleiben, Deutschlands Bundesgenossen werden der inneren Zustände 
wegen doch eimal nachgeben müssen, klang in Bratianus Worten immer 
wieder durch“. Ende Mai wußte Oberst von Hammerstein von wach¬ 
sender Kriegsstimmung auch innerhalb des Offizierkorps zu berichten; 
,,der Erwerb des (zu Ungarn gehörenden) rumänischen Transsylvaniens 
würde zum Feldgeschrei.“ 
Mehr noch als diese Stimmungsberichte aus Bukarest gab der Inhalt 
im April und Mai aufgefangener, zwischen Petersburg und Rom ge¬ 
wechselter italienischer Funksprüche zu denken. Die Vermutung, daß 
es sich um beabsichtigte Täuschungsmanöver handelte, mußte man bald 
fallen lassen, da die Telegramme zu viele Dinge enthielten, die auch aus 
anderen zuverlässigen Quellen, so aus Athen bekannt wurden. Eindeutig 
ging aus ihnen hervor, daß der Feindverband. mit allen Mitteln den 
Anschluß Rumäniens betrieb und der rumänische Ministerpräsident 
grundsätzlich sich dazu schon entschlossen hatte. Wenn es noch nicht 
zum Abschluß gekommen war, so aus dem Grunde, daß Rumänien erst 
das volle Eintreffen des von Rußland zugesicherten Kriegsgeräts abwar- 
ten wollte und zur Bindung Bulgariens auf einem dem eigenen voran¬ 
gehenden Angriff der Saloniki-Armee bestand. 
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