Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

Diesen politischen Bedenken trug die Oberste Heeresleitung weiter¬ 
hin Rechnung. Stellungsverbesserungen auf griechische Kosten unter¬ 
blieben daher, obwohl sie nach Meldung aus der Front, „von den mili¬ 
tärischen Rücksichten geradezu gefordert“ wurden. Anfang August nä¬ 
herte sich die griechische Demobilisierung ihrem Ende. Die Stimmung 
in Athen war äußerlich ruhig, doch ließ sich nicht verkennen, daß bereits 
seit Juni Nachrichten über die unglücklichen Kämpfe Österreich-Ungarns 
an der russischen Front und über das offensichtliche Abtreiben Rumäniens 
ins Feindlager den gegen die Mittelmächte eingestellten venizelistischen 
Strömungen neuen Auftrieb gaben und die Neutralitätspolitik des Kö¬ 
nigs erschwerten. Von Mitte Juli an verdichteten sich die Nachrichten 
über Angriffs-Absichten der mittlerweile durch Einreihung des neu auf¬ 
gestellten serbischen Heeres1) und durch Zuführung weiterer englischer 
und französischer Verbände wesentlich verstärkten Saloniki-Armee. Die 
Gefechtstätigkeit des Gegners nahm in der Tat sichtlich zu; am 10. Au¬ 
gust griff er im Vardartal an. 
Unter diesen Umständen glaubte General von Falkenhayn, die 
bisher mit Rücksicht auf Griechenland beobachtete Zurückhaltung an 
der mazedonischen Front nicht länger fortsetzen zu dürfen. Schon die 
drohende Kriegsgefahr an der rumänischen Grenze verlangte Aktivität 
auf diesem Kriegsschauplatz. Ein hier errungener großer Erfolg konnte 
auf den Kriegsrausch in Bukarest nur abkühlend und ernüchternd wirken 
und vielleicht die dortige Staatsführung in letzter Stunde vor unwider¬ 
ruflichen Entschlüssen bewahren. Ebenso forderte die Lage an der 
mazedonischen Front selbst sofortiges Handeln. Denn nunmehr, am 
Vorabend größerer feindlicher Angriffshandlungen, durften die von der 
dortigen deutschen Führung mehrfach geforderten Stellungsverbesserun¬ 
gen nicht länger aufgeschoben werden. Diese ermöglichten zudem Ver¬ 
kürzung der mazedonischen Front und damit Aussparung von Kräften 
zu Gunsten des Aufmarsches gegen Rumänien.* 2) 
Am 14. August richtete der deutsche Generalstabschef nachstehendes 
Schreiben an das Auswärtige Amt: „Nachdem die Entente bei Saloniki 
am 10. August, wenn auch bisher nur in schwächlichen demonstrativen 
Unternehmungen, die Offensive gegen die deutsch-bulgarischen Stellun¬ 
gen begonnen hat, fallen die politischen Bedenken fort, die uns bisher 
davon abgehalten haben, in ausgedehnterem Maße auf griechisches Ge¬ 
biet vorzugehen. Wir können und müssen nach rein militärischen Rück¬ 
!) S. 141. 
2) S. 167. 
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