Volltext: Briefe und Aufzeichnungen des Generalfeldmarschalls aus Krieg und Frieden

Fa milien Verhältnisse 
Zi 
Mackensens Daker hatte im Alter von 70 Jahren das Rittergut Geglenfelde bei 
Hammerslein in Westpreußen gekauft und den Titel eines König!. OkonomieratS er 
halten. Nicht lange mehr konnte er sich dieses Besitzes erfreuen. Nach seinem am 
11. Mai 1690 erfolgten Tode übernahm die damals 6/^jährige Witwe die Bewirt 
schaftung des Gutes, der sie sich bis zu ihrem Lebensende — sie starb am 7. Mai 1916 — 
gewidmet hat. 
„Im Feldzuge 1670/71", so schreibt der Feldmarschall am Schluß seines nach dem 
Weltkriege verfaßten Lebensabrisses, „hatte ich mich von den Gebeten meiner Mutter 
wie von einem Panzerhemd umgeben gefühlt. Don ihnen wußte ich mich auch in die 
verantwortungsvollsten Führerstellen begleitet, welche der Verlauf des Weltkrieges 
und das Vertrauen des Allerhöchsten Kriegsherrn mir übertrug. Als im Mai und 
Juni 1915 der mir erteilte Auftrag — ,die russische Front zwischen Karpaten und 
Weichsel zu durchbrechen und bis zum Lupkow-Paß aufzurollen' — mit dem Durch 
bruch von Gorlice und seiner operativen Auswirkung bis Lemberg und Rawa Ruska 
erfüllt war, ernannte der Kaiser und König mich zum Generalfeldmarschall.. . Seine 
Höhe erreichte mein Glücksgefühl bei dem nächsten Wiedersehen mit meiner hoch 
betagten Mutter. Der Abschluß, welchen der nach Rawa Ruska folgende zweite Ab 
schnitt des galizisch-polnischen Feldzuges mit der Einnahme von Brest-Litowsk und 
dem Rückzüge der Russen über Pinsk und die Jasiolda fand, gewährte mir, bevor ich 
mich zur Lösung einer neuen Ausgabe in das ungarische Banat begeben konnte, die 
Möglichkeit, auf einen Tag meine, vor der Vollendung ihres 69. Lebensjahres stehende 
Mutter in der Heimat zu besuchen. Als der Wagen vor dem Hause in Geglenfelde 
hielt, erschien in dessen Tür in ihrer weißen Haube die ehrfurchtgebietende, aufrechte 
Gestalt der heißgeliebten Greisin. Die Freitreppe hinauf eilend, stürzte ich wortlos in 
ihre Arme. In dieser beiderseits tief bewegten Umarmung klangen, mit der ganzen 
Jnbrust eines Mutterherzens geflüstert, die Worte in mein Ohr: ,Mein liebes Kind!' 
,Mein liebes Kind!' Hat jemals ein Feldmarschall nichtfürstlicher Geburt sich so 
begrüßen, sich noch so nennen hören?! Welcher Feldmarschall hat noch zu einer 
Mutter aufblicken können?! Zu dem Glück, den hehrsten Zweck des Lebensberufes — 
sieghafte Verteidigung des Vaterlandes — und desten höchsten Dienstgrad erreicht zu 
haben, nun noch das andere, dieses Glück geteilt zu sehen von der Mutter — von 
dieser Mutter, deren Gebete mich durch mein ganzes Leben und bis zu dieser Höhe 
getragen hatten! ,Mein liebes Kind!' In diesen Worten lag der Jubel eines Mutter- 
herzenS über das Geschick des SohneS, ein Dankgebet gen Himmel, ein Empfinden, 
das wie kein anderes Wort der Bedeutung der Stunde für uns beide Ausdruck gab. 
Ich habe es von dieser Stunde an nachklingen hören in dem Feldzuge gegen Serbien, 
an dem Grabe der Mutter, in der verhängnisvollen Stunde der rumänischen Kriegs 
erklärung, in den dieser folgenden heißen Kämpfen und höre es heute noch, wenn ich 
im Geiste oder im Bilde in die treuen mütterlichen Augen schaue und des Segens ge 
denke, der von dieser Mutter aus mein Leben ausgegangen ist. ,Mein liebes Kind!' 
Diese drei Worte bedeuteten, wie sie gesprochen wurden, für mich die Zensur meines 
Lebens; sie führten mich auf einen Gipfelpunkt menschlichen Daseins und Glückes, wie 
ein solcher wenigen Sterblichen beschieden ist: der Sohn fühlte sich aus der 
Höhe seines Lebens."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.