Der Chor von WÜRDING hat kämpferlose Halboktogondienste,
Egglfing dagegen wieder Halbrunddienste.
Der vierteilige Rautenstern bedeutete gegenüber dem Kreuzrip
pengewölbe einen wesentlichen Fortschritt und den Beginn des spät
gotischen Gewölbes. Die Passauer haben sich durch den vierteiligen
Rautenstern ein Verdienst erworben, denn sie sind die ersten in Alt
bayern, die ihn verwenden. Die Burghauser folgen erst 1435 mit dem
Gewölbe von TRUCHTLACHING, einem Werke Konrad Pürkhels
aus Burghausen. Auch dort findet sich der kämpferlose Halbrunddienst.
Die Passauer scheinen auf ihren Lorbeeren ausgeruht zu haben,
denn nach der Jahrhundertmitte ist um Passau keine typische Neue
rung mehr zu lokalisieren, wenn man ihnen nicht die Figuration der
„zwei Parallelrippen“ zuschreiben will, die kurz nach der Jahrhundert
mitte in ENGERTSHAM-Marienkapelle, EGGLFING-Schiff und
WÜRDING-Schiff auftaucht und erst um die Jahrhundertwende in
der Vilsgegend nochmals ersteht. Die Priorität in der Verwendung der
„Zwei Parallelrippen“ besitzt jedoch TRUCHTLACHING (1435).
2. Kößlarn und Rotthalmünster
Die Kirche von ROTTHALMÜNSTER trägt über dem Chor
bogen die Jahreszahl 1452 (jetzt übertüncht). Von Kößlarn berichtet
eine zuverlässige Quelle, daß dort im Jahre 1452 eine Kirche kon-
sekriert wurde (Urkunden d. Klosters Aldersbach F. 58 nr. 898 im
Bay. Hauptstaatsarchiv München.) Nachdem beide Orte nur 7 km von
einander entfernt sind und zudem Kößlarn damals zur Pfarrei Rott
thalmünster gehörte, liegt die Vermutung nahe, daß an beiden Bauten
der gleiche Meister gearbeitet hat. Bei einer Betrachtung der Kirchen
ist jedoch von einer Ähnlichkeit, die ein und derselbe Meister kaum
hätte verbergen können, nichts zu merken.
Der Bau in Rotthalmünster ist, abgesehen von den Gewölben, von
denen unten die Rede sein wird, um 1452 möglich. Die großen Mauer
zwickeln über den Arkadenbögen und die aus der Mauer geschnittenen
Pfeiler machen die Jahrhundertmitte wahrscheinlich (Abb. 42).
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