Leonh. Ich verstehe dich. Aber ist denn
dieses Glück dir auf ewig entflohen? — Wird
dir darum die ganze Schöpfung verhaßt wer-,
den, weil einst ein Blitzstrahl einen deiner Freunds
erschlug? Das ganze Geschlecht der Männer dir
Meineidig scheinen , weil ein Schurke dich hinter-
gieng? Sollten deßwegen die Htmmelstöchtcr Treue
Änd Dechtschaffenheit ganz von der Erde entflohen
seyn? —■• Denkest du der Worte deines sterbenden
Bruders: Helene gieb Amprecht den Kuß der
Weihe, des Lehens, er ist deiner werth.
Hel. O! ich überhörte sie in der Heftigkeit
des Schmerzens.
Leonh. Nicht ich, Fräulein! Karl ist euer
werth; oder der Engel, der diese Worte durch eu¬
res sterbenden Bruders Mund redete, war ein En¬
gel der Finsterniß. — Halt! itzt fodere ich die
Beantwortung einer Frage; Helene! könnt ihr
Karl» lieben?
Hel. Ihr überrascht mich, Nitter!
Leonh. Werdet ihr sagen > daß man euch jo
zur Ausübung einer guten That überrascht habe?-^>
Ahr seyd eine deutsche Dirne, Helene! welche ernst¬
haften wichtigen Sachen nie den Anstrich von Mäd-
chenziererey geben wird. Denkt eures sterbenden
Bruders, Helene! gieb Amprecht einst den Kuß der
Weihe, des Lebens, er ist deiner werth. Dieß
sind seine Worte. Nun sprecht; könnt ihr Am¬
precht lieben?
Hel. Nun dann, so will ich sprechen, wlZ
eine'deutsche Dirne; wenn Karl meine Liebe ver¬
dient, so kann, so will ich ihn lieben.
Leonh. x