Volltext: Johann Eberhard Nidhard

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unter dem 29. November dem Kaiser berichtete, daß nämlich Osuna beauftragt 
wurde, mit Don Juan zu verhandeln und, wenn dies nicht zum Ziele führen sollte, 
aufs neue die Verhaftung desselben zu versuchen, so beleuchtet nichts mehr als dieses 
die Verlegenheit des Madrider Hofes und die Unkenntnis der Sachlage. 
Briefe, welche Don Juan aus Dorre de Lledo unweit von Barcelona unter 
dem 13. November an die Königin, den Kardinal-Erzbischof von Toledo, den Grafen 
Pennaranda und andere Männer in einflußreichen Stellungen, ferner an die Städte, 
die Sitz und Stimme in den Cortes (Ständeversammlungen) hatten, richtete, wurden 
sofort vervielfältigt und gingen im Volke von Hand zu Hand. Auch in den 
Provinzialräten, sowie im Staatsrate und im Regentschastsrate machte sich allmählich 
der Nationalstolz und das Unbehagen gegenüber einem Ausländer immer stärker 
geltend. 
Es kann ferner nicht in Abrede gestellt werden, daß zum Sturze des Groß- 
Inquisitors wesentlich die tiefgehende Abneigung beitrug, welche die Spanier seit 
langem dem Wiener Hofe, als dessen Konfident Nidhard galt, entgegenbrachten. 
Seit der Kaiser gegen die in Flandern eingefallenen Franzosen nicht geholfen hatte, 
stand es damit um so schlimmer. Man zieh die österreichische Politik des heimlichen 
Einverständnisses mit Frankreich. Pötting schrieb an Leopold I. aus Madrid vom 
19. September 1668, hier sei alles überzeugt, daß es der Kaiser mit Spanien 
nicht ehrlich meine; Nidhard sei sehr bestürzt, da er sehe, wie hier alles auf die 
Trennung vom Kaiserhause abziele, da alles sich an Pennaranda hänge. Am 
29. November 1668 berichtete Pötting, die ganze deutsche Nation sei jetzt hier ver 
haßt und man lasse es sich nicht ausreden, daß sich der Kaiser von Spanien getrennt 
habe. Uebergehend auf Nidhard meint der Gesandte, es sei nicht wahrscheinlich, 
daß ihn die Königin gegen den jetzigen Sturm werde halten können. Es sehe 
alles aus, als ob es zu einem Bürgerkriege kommen sollte. Der Kardinal-Erzbischof 
von Toledo habe gesagt, der Kaiser schulde es seinem Gewissen, der Königin Nidhards 
Entlassung zu raten. 
Wahrscheinlich auf den Rat der Consejos hin ließ die Königin Don Juan 
durch Osuna melden, er möge sich zum Zwecke einer Verständigung dem Hofe 
wieder nähern und etwa nach Consuegra oder sonst in die Nähe der Hauptstadt 
kommen. Der Prinz antwortete unter dem 11. Dezember, er würde gerne gehorchen, 
allein er wisse, daß ihm Nidhard durch den Vizekönig von Aragon, den Grafen 
Aranda, Nachstellungen bereite. 1 ) 
In den neuerlichen Beratungen der Consejos stellte es sich immer klarer heraus, 
daß Don Juan in allen diesen Körperschaften die Mehrheit habe; fast allgemein 
riet man der Königin, Nidhard zu entlassen. Dieser selbst bat die Königin wiederholt, 
ihn seines Postens zu entheben. Mochten ihn seine Feinde immerhin für einen 
Streber oder Kleber halten, in Wirklichkeit war er weder das eine noch das andere. 
Gegen seinen Willen war er, wie wir gesehen haben, auf die staatsmännische Laufbahn 
geraten, gegen seinen Willen so boch gestiegen, gegen seinen Willen bisher da festgehalten 
worden. Offenbar besaß er auch weder die zähe Energie, noch die diplomatische 
Schlauheit oder Anpassungsfähigkeit anderer Staatsmänner, um sich zu behaupten 
oder durchzusetzen. — Hatte er schon früher wiederholt die Königin gebeten, ihn 
wegziehen zu lassen, so tat er es jetzt um so inständiger und mit mehr Grund. 
Mehrfach wird berichtet, wie er eines Sonntags, nachdem die Regentin bei ihm 
gebeichtet, dieser zu Füßen gefallen sei und sie beschworen habe, ihm seine Entlassung 
_______ 
1) Realtion I. S. 293 ff.
	        
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