Volltext: Johann Eberhard Nidhard

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so rege und rücksichtslos sie sich auch am Wettlaufe nach diesem heißersehnten Ziele 
beteiligt hatten, die Stelle war unbesetzt geblieben und der Mangel an einer an 
gesehenen einheimischen und mit den Regierungsgeschäften ganz und voll vertrauten 
Persönlichkeit machte sich jetzt besonders stark fühlbar. 
Wenn sich die Königin vor allem auf Nidhard stützen wollte, so war es ihr 
nicht um die Erhebung eines Günstlings zu tun, sondern weil sie durch die Umstände 
hiezu gedrängt wurde. So urteilte auch ihr kaiserlicher Bruder. Am 17. Oktober 
1665 schrieb er an Pötting: „Vor allem aber wird Nidhard itzo das meiste thuen 
müssen, doch also, daß er sich nit gar zu suspect (verdächtig) mache, wird daher 
hoch vonnöthen sein, wenn Pötting alles mit Nidhard communiciren (gemeinsam 
besprechen) wird, ut omnia unitis viribus promoveantur (damit alles mit ver 
einten Kräften vonstatten gehe)". 
 
4. Erste Schwierigkeiten und Lösungsversuche. 
Wenn der Kaiser meinte, Nidhard werde jetzt das meiste tun müssen, aber 
ohne Auffälligkeit, er solle, wie er sich in seinen Briefen wiederholt ausdrückt, die 
„apparentias negotiorum“ (das Hervortreten bei den Geschäften) fliehen, so war 
das freilich leichter gesagt, als getan. Lisola gab Nidhard den Rat, sich dem Scheine 
nach von allen Geschäften ferne zu halten, in Wirklichkeit aber alle zu leiten. Man 
mutete Nidhard ein Versteckenspielen zu, das seiner geraden, offenen Natur ganz 
und gar nicht entsprach. Es wäre auch unmöglich gewesen. Am Hofe haben die 
Wände mehr Ohren als sonstwo und stehen in allen Winkeln Lauerposten. Das 
meiste tun, ja alles leiten, aber so, daß man wenig oder nichts davon merke, er 
innert an die Aufgabe, den Pelz zu waschen, ohne ihn naß zu machen. 
Auch war die Stellung Nidhards am königlichen Hofe seit dem Tode des 
Königs eine wesentlich schwierigere geworden; er war jetzt Beichtvater einer regierenden 
Fürstin, hatte als solcher die Instruktionen seines Ordens zu beobachten und mußte 
mit diesen bei einer so einschneidenden Betätigung in Staatsgeschäften, wie man sie 
ihm zumutete, notwendig in Widerspruch geraten. Der Ordensgcneral Claudius 
Aquaviva hatte 1602 für die Fürstenbeichtväter eigene Verhaltungsmaßregeln 1) 
gegeben, die für diese laut Beschluß der sechsten Gcneralkongregation verpflichtend 
waren. In denselben heißt es, daß der Beichtvater sich nicht in äußerliche oder 
politische Geschäfte einmischen, sondern sich nur mit dem, was sich auf das Gewissen 
des Fürsten beziehe, befassen solle; der Beichtvater solle niemals Geschäfte über- 
nehmen, die den Ministern zukommen; „er sehe immer und immer wieder darauf, 
daß nicht die Meinung entstehe, als sei er vielvermögend und beherrsche nach 
seinem Willen den Fürsten; denn abgesehen davon, daß das eine ärgerliche, allen 
unleidliche und für den Fürsten selber wenig ehrenvolle Sache ist, trägt sie auch 
der Gesellschaft (dem Orden) einen unglaublichen Schaden ein. Da es nämlich, wie 
cs die menschliche Gebrechlichkeit mit sich bringt, an unzufriedenen Aeußerungen, 
sei es gerechten oder sei es ungerechten, niemals fehlt, wird der Haß erfahrungs- 
gemäß auf den Beichtvater zurückfallen". 
Der schlaue Lisola sann auf Mittel und Wege, um die Gewissensbedcnken 
Nidhards wegen Betätigung in Rcgierungsangclegenheiten niederzuschlagen. Wozu 
Heimlichkeiten? Warum sollte nicht das offene Spiel gewagt werden? Zu Beginn 
des Jahres 1666 riet er der Königin, ihren Beichtvater einfach zum Geheimen 
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1) Ordinationes c. XI. De confessariis Principum.
	        
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