Volltext: Ein Volk in Waffen

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Vierundzwanzigstes Kapitel. 
einem auf die Dauer doch unhaltbaren Gewebe von Lügen aufbauen. 
Ist es verkehrt gegangen, so ist es am besten, man erführt das Unglück 
in seinem ganzen Umfang, um die Schaden wieder gut machen und sie 
in Zukunft vermeiden zu können. In Deutschland verläßt sich das Volk 
auf die Wahrhaftigkeit und das Verantwortlichkeitsgefühl der Presse. Da 
strömen die Freiwilligen zu Hunderttausenden unter die Fahnen, ohne 
daß Künste und Fälschungen angewandt werden müssen. Sie treibt der 
germanische Geist, Nationalstolz, Pflichtgefühl und Ehrgeiz. Nicht ein 
Waffenfähiger zaudert, hinauszuziehen und zu sterben; denn das ist allen 
klar: will die Vorsehung, daß Deutschland untergeht, so soll wenigstens 
der letzte Deutsche auf der letzten Schanze gefallen sein, wenn die Wellen 
über dem Wrack für immer zusammenschlagen. Deshalb hat in diesem 
Krieg die Presse der Zentralmächte eine viel leichtere Aufgabe als die 
Presse der feindlichen Länder. Sie hat nur den Verlauf der Ereignisse 
zu registrieren und die Neuigkeiten aus Ost und West und von fernen 
fremden Meeren mitzuteilen; sie braucht aber nicht zu dem ehrlosen 
Mittel zu greifen, ihre Leser zu betrügen und mit erdichteten Sieges¬ 
nachrichten neue Scharen in die Werbelokale zu treiben. 
Jeden Tag, sobald die „B(apaumer) Z(eitung) am Mittag" erschienen 
ist, versammelt sich vor der Anschlagtafel des Bapaumer Rathauses eine 
Gruppe eifrig lesender Soldaten. Es ist erfrischend, sie zu beobachten. 
Zigaretten oder Pfeifen im Munde, die Hände in den Hosentaschen, lesen 
sie langsam und genau. Noch sind kaum andere als frohe Nachrichten zu 
melden gewesen, aber die Soldaten bewahren ihre Ruhe. Höchstens kann 
man ein schwaches Lächeln bemerken oder ein Aufblitzen in den Augen. 
Dieselbe Ruhe zeigen sie, wenn einmal eine betrübende Nachricht gebracht 
wird, zum Beispiel daß ein Kriegsschiff verloren gegangen ist. 
Zuweilen sieht man Soldaten, die sich nicht damit begnügen zu 
lesen — sie schreiben gleich die ganze Zeitung in ihre Notizbücher ab. 
Weshalb? Wahrscheinlich sind sie nach der vordersten Front unterwegs, 
nach den Schützengräben, wo sie ihren von der Welt abgeschlossenen 
Kameraden den Inhalt der Telegramme mitteilen wollen. — 
Herzog Adolf Friedrich und ich waren zum Abendbrot bei General¬ 
leutnant von Winckler eingeladen, dem Chef der zweiten Gardedivision 
in Boiry. Um 7 Uhr fuhren wir die große Landstraße nach Arras, aber
	        
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