Volltext: Ein Volk in Waffen

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Zehntes Kapitel. 
Durch dcn Hosmarschall Freiherrn von Reischach erhielt ich am 
25. September eine Einladung zur Mittagstafel des Kaisers für 1 llhr. 
Unter dcn Anwesenden waren außer dem Hofmarschall die Herren von 
Plcsscn, von Gontard und von Buch, letzterer deutscher Gesandter in 
Luxemburg; ferner der Fcldprcdigcr des Kaisers Und einige Adjutanten. 
Am Vormittag war die Nachricht von Prinz Oskars Krankheit ein¬ 
getroffen; er hatte sich durch Überanstrengung eine Art Herzkrampf zu¬ 
gezogen. Ich erwartete daher, dcn Kaiser niedergeschlagen zu finden, aber 
keine Spur davon. In jugendlicher, militärischer Haltung trat er her¬ 
ein, hieß mich wieder mit kräftigem Händedruck willkommen und nahn: 
einen Brief aus der Tasche, den er mich aufmerksam zu lesen bat, 
während er sich mit seinen Herren unterhielt. Der Brief war direkt 
an dcn Kaiser gerichtet; ein Feldwebel, der neben Prinz Joachim gestanden 
hatte, als dieser verwundet wurde, schilderte darin, wie tapfer und vor¬ 
bildlich sich der Prinz benommen hatte. Der Bericht war einfach und 
ohne jeden Wortprunk und zeigte, wie fest und tief die Treue wurzelt, 
die daö deutsche Heer mit seinem obersten Kriegsherrn verbindet; sie ist 
der feste und unerschütterliche Fels, auf dem daö Deutsche Reich erbaut 
ist. Als der Kaiser zurückkam und mich fragte, was ich von dein Briefe 
dächte, antwortete ich bloß: „Es muß Ew. Majestät eine Freude sein, 
solche Grüße auö dcn breiten Schichten des Volkes zu erhalten." 
„Ja," antwortete er, „nichts freut mich so sehr wie die Beweise 
von der Treue des Volks und seinem unmittelbaren Zusammenhang 
mit meiner Armee. Einen Brief wie diesen verwahre ich unter meinen 
wertvollsten Papieren." ° 
Dann sprachen wir von Prinz Oskars Krankheit. Im Zusammen¬ 
hang damit äußerte der Kaiser: „Nun ist auch Hohcnzollcrnblut ge¬ 
flossen. Ich habe sechs Söhne und einen Schwiegersohn im Krieg, und 
von den vielen deutschen Fürsten, die au der Front kämpfen, haben schon 
mehrere ihr Leben für Deutschlands Sache geopfert." Im übrigen drehte 
sich die Unterhaltung um meine Erlebnisse bei der fünften Armee und 
die Kricgscrcignissc. 
Ten Beschluß des TagcS bildete ein Abendessen beim Reichskanzler 
von Bethmann Hollweg.
	        
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