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worden. Er selbst war gefallen, sein bewährter Generalstabsoffi-
zier verwundet. Die Gefechtsstärken schienen infolge großer Ver-
luste gering zu sein, Reserven zur Zeit nicht verfügbar. An und
südlich des Bahndammes lag man den Russen völlig verstrickt
gegenüber. Ob es den Kavallerie-Divisionen gelingen würde, den
Gegner in Rücken und Flanke auch weiterhin abzuhalten, blieb
zweifelhaft. Aus Richtung Skierniewice sollten neue feindliche
Kräfte im Vorgehen sein. Von der 3. Garde-Division lagen noch
immer keine Meldungen vor. Von der 30. Reserve-Division wußte
man, daß sie alle Angriffe des Feindes erfolgreich abgewiesen
hatte. Der Angriff mußte am nächsten Tage fortgesetzt werden.
Mißlang er, so mußte das Korps sich wegen Munitionsmangels
im Draufgehen mit dem Bajonett verbluten. Aber der Kommandie¬
rende General und seine verantwortlichen Ratgeber hatten das
felsenfeste Vertrauen, daß der Durchbruch glücken würde und zwar
mit dem ganzen Korps und unter Mitnahme aller Fahrzeuge
und der darauf vor Schmerz, Sorge und Kälte bebenden Verwun-
deten, sowie aller Gefangener. General v. Scheffer kannte seine
Truppen. In diesem Sinne wurde im Korpshauptquartier Ehrusty
Stare um 8.43 abends der Befehl für den nächsten Tag ausgegeben:
„Angriff wird fortgesetzt. Eisenbahn ist 6 Uhr vormittags zu über--
schreiten. Es greifen an: 30. Reserve-Division scharf rechts um-
fassend Richtung östlich Brzeziny, 49. Reserve-Division auf Brze¬
ziny, 3. Garde-Infanterie-Division Richtung westlich Brzeziny."
Im übrigen ließ der Befehl den Angehörigen des Korps keinen
Zweifel darüber, daß die Losung für den 24. nur sein durfte: „Sieg
oder Tod."
Es war in der Dunkelheit schwer, den Korpsbefehl auf den ge-
frorenen und zum Teil mit Fahrzeugen verstopften Wegen durch-
zubringen, noch schwerer für die Divisionen, ihn bis zu den ver-
streuten Truppenteilen gelangen zu lassen. Aber es glückte. Nur
der dritte Generalstabsoffizier des Korps, Hauptmann v. Poncet,
versuchte im heftigsten Schrapnell- und Maschinengewehr-Feuer
vergeblich, über „zu" Galkow die 3. Garde-Infanterie-Division
aufzufinden. Auch weitere Bemühungen der 49. Reserve-Division,
die zuletzt eine ganze Schwadron in Richtung „zu" Galkow ent¬