Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Ernst v. Eisenhart Rothe 
lischen Gberstkommandierenden, Feldmarschall haig, Ende 1917 150000 Mann 
an der Etatsstärke. Die Zahl der Bataillone mußte daher von 12 auf 9 in der Division 
herabgesetzt werden. Das englische Kriegskabinett sprach die Überzeugung aus, daß 
der Krieg nicht vor dem Jahre 1919, wo auf starke amerikanische Unterstützung zu 
rechnen wäre, beendet werden könnte, zumal Rußland vollständig ausfiel, 
hier war am 18. März 1917 das lang Erwartete eingetreten, eine bürgerliche Revo- 
lution ausgebrochen, der Zar gefangen gesetzt und eine provisorische Regierung ge¬ 
bildet worden, deren Kopf der erst 31 Jahre alte Advokat Kerenski war. Infolge 
seiner fortgesetzten schweren Niederlagen schloß sich das Heer sofort begeistert der 
Bewegung an. Es erhoffte von ihr baldige Beendigung des Krieges und versuchte 
sich mit dem bisherigen Feinde im Schützengraben zu verbrüdern. Aber die neue Re¬ 
gierung dachte anders, sie hielt am Bündnis mit der Entente fest und beschloß sogar, 
trotz der schweren Erschütterung des gesamten Staatswesens und ganz besonders 
auch der Armee, eine neue Offensive zu wagen. So begann am 1. Juli 1917 die 
sogenannte numerisch starke Kerenski-Gffensive, mit den hauptkrästen in der Ge¬ 
gend von Lemberg, während auf den anderen Fronten Nebenangriffe einsetzten 
sollten. Nach anfänglichen Erfolgen an einzelnen wenigen Stellen brach der Angriff 
aber Mitte des Monats völlig zusammen,' da setzte der deutsche Gegenstoß in Richtung 
Tarnopol ein, Er wurde am 19. Juli von 11 Divisionen ausgeführt und durchbrach 
die feindliche Front. Die deutschen Nachbararmeen schlossen sich an, der Russe wich 
im eiligen Rückzüge aus der ganzen Linie mehr als 150km tief. Das Heer löste 
sich auf oder ging zu den Bolschewiken über, denen es dann auch im November 
gelang, dis Regierung Kerenski zu stürzen und eine Herrschaft reinster Despotie 
unter Lenin zu errichten. Die Maßnahmen des neuen Kriegsministers, des bis¬ 
herigen Fähnrichs Krglenko, taten ihr Übriges, die Zersetzung der Armee zu vervoll¬ 
ständigen. An irgendeine Möglichkeit des Widerstandes war nicht mehr zu denken. 
Schon am 26. November ftagte Krglenko bei der deutschen Obersten Heeresleitung 
durch Funkspruch an, ob sie zum Abschluß eines Waffenstillstandes bereit wäre. 
Zwei Tage darauf erging ein weiterer Funkspruch der Sowjetregierungen „An Alle", 
der die kriegführenden Nationen zu einem allgemeinen Frieden ohne Entschädi¬ 
gungen und Annektionen aufforderte. Am 14. Dezember 1917 wurde in Brest-Litowsk 
zwischen Deutschland und Rußland ein Waffenstillstand, am 3. März 1918, nach dem 
durch allgemeinen Vormarsch der Deutschen und später auch der österreichisch¬ 
ungarischen Truppen der notwendige energische Druck ausgeübt war, der Friede 
geschlossen. So schied Rußland völlig aus. Die Hoffnung, die der englische Bot¬ 
schafter in Petersburg, Buchanan, an den Ausbruch der von ihm geförderten Re¬ 
volution geknüpft hatte, war jäh und für immer zerschlagen. Auch Rumänien, das 
Mitte und Ende 1916 aufs Haupt geschlagen wurde, sah sich nunmehr zu Verhand¬ 
lungen gezwungen. Dem im Januar 1918 erfolgenden Waffenstillstand schloß sich 
am 7. Mai die Unterzeichnung des Friedens von Bukarest an. So hatte Deutschland 
endlich den Rücken ftei, um seine ganze Kraft im Westen einzusetzen. Eine schwere 
Krisis zog sich über der dort kämpfenden Entente zusammen, erheblich noch ver¬ 
stärkt durch den inzwischen einsetzenden 
„unbeschrankten" U-Boot-Krkeg 
der deutschen Flotte, der England an den Rand des Abgrundes brachte.
	        
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