Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Dr. Alexander Graf Brockdorff 
Oie Wahrheit über die Behandlung der kriegsgefangenen Deutschen durfte erst 
nach dem Kriege gesagt werden. Wessen Nerven einer Belastungsprobe hinreichend 
gewachsen sind, möge die Einzelheiten nachlesen in der auszugsweisen Veröffent¬ 
lichung des amtlichen Materials durch die Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, 
Berlin 1919. Aus diesen Dokumenten ist unvergleichlich mehr über z. B. Zrankreich 
zu lernen, als aus sämtlichen Reden sämtlicher französischer Minister in den letzten 
100 Jahren. 
Wer die tatsächliche Kriegspolitik, die Presse, die Volksstimmung der Zeindbund- 
länder kannte, der wußte, wie der Frieden aussehen würde, den ein siegreicher §eind- 
bund einem besiegten Deutschland auferlegen würde. Aber die deutsche Regierung 
und der größte Teil des deutschen Volkes wollten nicht sehen; sie wähnten in be¬ 
zeichnendem Spiegelgedanken ihre eigene versöhnungs- und Verständigungsbereit¬ 
schaft drüben wiederzufinden, oder doch durch Nachgiebigkeit und Entgegenkommen 
eine versöhnungs- und verständigungsbereite Stimmung auf der Gegenseite zu 
schaffen. Umsonst! Man achte einmal auf den Ton folgender feindbundlicher Ant¬ 
worten auf das deutsche Friedensangebot vom 12. Dezember 1916: 
Entschließung der russischen Duma (einstimmig): 
.. spricht als ihre Anschauung aus, daß der deutsche Vorschlag ein neuer Beweis für 
die Schwäche des Feindes ist." 
Briand, französischer Ministerpräsident: 
„Lin Manöver, um unter den Alliierten Uneinigkeit zu säen, die Gewissen zu verwirren 
und die Völker zu demoralisieren." 
Kollektivnote des Feindbundes: 
Die durch die Kriegserklärungen Deutschlands verursachten Verwüstungen, die zahl¬ 
reichen Attentate, die Deutschland und seine verbündeten gegen die Kriegführenden und 
gegen die Neutralen verübt haben, verlangen Sühne, lviedergutmachung und Bürgschaften... 
Die Alliierten... lehnen es ab, sich mit einem Vorschlag ohne Aufrichtigkeit und ohne Be¬ 
deutung zu befassen." 
Die Kriegspolitik des Feindbundes fand ihr folgerichtiges Ergebnis im Versailler 
Diktat. In ihm verkörpert sich Ziel und Sinn der chauvinistischen Lügenorgie der 
Feindbundvölker,- zu seiner unmittelbaren Begründung wurde nochmals die ganze 
Lügenmaschinerie in Bewegung gesetzt. 
Oer Feindbund hat in seiner Antwort auf die deutschen Gegenvorschläge zum 
Versailler Diktat und in seiner Mantelnote vom 16. Juni 1919 ausführlich begründet, 
was er eigentlich meint mit der Verantwortlichkeit Deutschlands für den Welt¬ 
krieg, von der Artikel 231 des Versailler Diktats spricht: 
„Deutschland ist unter dem Einfluß Preußens die vorkämpferin der Macht und der Ge¬ 
walt, der Täuschung, der Intrige und der Grausamkeit in der Behandlung der internatio¬ 
nalen Angelegenheiten gewesen. Mährend mehrerer Jahrzehnte hat Deutschland unaus¬ 
gesetzt eine Politik getrieben, die darauf hinzielte, Eifersucht, haß und Zwietracht zwischen 
den Nationen zu säen, nur, damit es seine selbstsüchtige Leidenschaft nach Macht befriedigen 
konnte... Und zum Schlüsse, in der Erkenntnis, daß es seine Ziele nicht anders erreichen 
konnte, entwarf es und begann es den Krieg, der die Niedermetzelung und Verstümmelung 
von Millionen von Menschen und die Verwüstung Europas von einem Ende bis zum anderen 
verursachte..." (Antwort Teil VII, „Deutschlands Verantwortlichkeit bei der Entstehung 
des Krieges.") 
„... Indessen beschränkt sich die Verantwortlichkeit Deutschlands nicht auf die Tat¬ 
sache, den Krieg gewollt und entfesselt zu haben. Deutschland ist in gleicher Meise verant¬ 
wortlich für die rohe und unmenschliche Art, auf die er geführt worden ist..."
	        
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