Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Frontpropaganda bei Feind und Freund 
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nächste, bereits obenerwähnte Zettel, am 24. Dezember 1914 abgeworfen, atmen 
glühenden Engländerhatz. Ein Zettel vom 26. Juli 1916 (man beachte die lange 
pause!) ist ein deutscher Protest gegen französische Fliegerangriffe auf yffene deutsche 
Städte. Oie Schuld wird dem Präsidenten poincars, der ein Sklave der Engländer 
sei, zugeschoben, autzerdem werden vergeltungsmatzregeln angekündigt. 
Ein Zettel, verbreitet im Sommer 1918, für französische Arbeiter bestimmt, tritt 
für einen pazifistischen Sieg ein: Deutschland wird Frankreich und Belgien räumen, 
es respektiert die Freiheit der Völker, wünscht neben einem gerechten und dauer¬ 
haften Frieden nur die Freiheit der Meere, die Liga der Nationen. Nur Elemenceau, 
Llogd George und Wilson sind Gegner eines solchen Friedens usw. 
Ein weiterer Fliegerzettel wendet sich ausschlietzlich gegen Elemenceau, diesen 
Volks- und Friedensfeind, dem ein ordentliches Sündenregister verlesen wird. 
Ein anderer Zettel: Man solle nicht glauben, datz die Franzosen für die Freiheit 
kämpfen, im Gegenteil, Deutschland vertritt die Sache der Freiheit, indem es gegen 
die angelsächsische Weltherrschaft zu Felde zieht. Lin alarmierender Zettel, über¬ 
schrieben: 
„Lebhafte Diskussionen in der Kammer! Er ist das Ende!" 
berichtet über Not und Mitzstände in Frankreich. Er ist unterschrieben: Die Liga der 
menschlich empfindenden Franzosen (!). 
Die letzten deutschen Fliegerzettel an die Franzosen reden nur noch von Frieden, 
sie gehen in der Eonart: Nieder mit den Waffen, hoch lebe der Frieden — der 
Frieden ist in naher Sicht! Es werden Nöte und Mitzstände in Frankreich geschildert, 
datz man glauben könnte, Frankreich wäre in einer ebenso gefährlichen Situation wie 
Deutschland. Bis in die letzten Tage vor dem Zusammenbruch zieht sich dieser Rampf 
der Ideen, der papierenen Pfeile über die Schützengräben hin. 
Propaganda der Mittelmächte an der italienischen Front 
Eine sehr interessante Reihe von Fliegerzetteln in italienischer Sprache wurde 
von den Mittelmächten an der italienischen Front verbreitet. Allem Anschein nach 
ging aber ihre Verbreitung auf deutsche Direktiven zurück, denn ihr Wortlaut verrät 
deutsche Gedankengänge, teilweise berührt er sich enge mit deutschen Fliegerzetteln 
an der Westfront. Ein Abwurf beginnt so: 
„Deutschland reicht euch noch einmal die Hand zur Versöhnung. — wir sind zu einer 
Verständigung auf einer Konferenz bereit, haben grundsätzlich die Friedensbedingungen 
Wilsons angenommen. — England, Frankreich und Italien dagegen setzen die Feindselig¬ 
keiten fort." 
Aus einem anderen Zettel: 
„warum greift Ihr uns noch an? ver Präsident Wilson ist schon informiert, datz wir 
seine 14 Punkte annehmen — er hat schon im versöhnlichen Sinne geantwortet —. Sollen 
wir fortfahren unsere Kräfte zu vermindern, weil die andern Diplomaten so langsam ar- 
beiten? usw." 
Weitere deutsche Fliegerzettel erheben scharfe Anklagen gegen die Minister 
Orlando und Sonnino, die englische Interessen vertreten, — bringen statistische Be¬ 
lege aus englischen Ouellen von dem deutschen U-Boot-Rrieg — berichten über 
Englands Bestreben, sich aus Rosten seiner Verbündeten von den Schlachten ferne 
zu halten.
	        
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