Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Frontpropaganda bei Feind und Freund 
Lin anderer Fliegerzettel zeigt in blasser Schrift ein schwermütiges Anarchisten¬ 
lied, betitelt: „Eine Stimme aus dem Grab!" 
Z. Fliegerzeitungen. 
verschiedene Fliegerzeitungen, man kann hintereinander etwa 8 zählen, wurden 
ebenfalls abgeworfen: 
Beachtenswert ist eine Serie: „Briefe aus veutschland", welche Faksimile¬ 
drücke von Zammerbriefen deutscher Frauen, die bei deutschen Gefangenen gefunden 
wurden, bringen, vie Folge davon war. daß nach einem Befehl der Obersten Heeres¬ 
leitung deutsche Soldaten bei einem Sturmangriff nichts Schriftliches, besonders 
keine Briefe aus der Heimat, mehr bei sich tragen dursten. Neben diesen abgedruckten 
Briefen von deutscher Not sieht man Schinkenberge von französischen Wochenmärkten. 
Dann gab es eine andere, geschickt aufgemachte Fliegerzeitung: „Grüße an die 
Heimat. Briefe deutscher Kriegsgefangener." Man sieht da stimmungsvolle 
Aufnahmen aus ftanzösischen Lagern und faksimilierte Briefe deutscher Kriegs¬ 
gefangener, die von Zufriedenheit strotzen. 
Eine Zeitung „Feldpost", später fortgesetzt als „Rriegsblätter" zeigt un- 
gemein echt deutsche Aufmachung mit Neichsadler und Schwarz-Weiß-Rot. Zwei 
Anfängerleistungen betiteln sich „vie Wahreit" (!) und „Wer hat die Rriegs- 
fackel entzündet?" 
Z eitun gs fälsch ungen. 
Zu einem besonderen Raffinement brachte es die ftanzösische Frontpropaganda 
im Zeitungsfälschen, va wurde an der Westftont das zweite Morgenblatt der „Frank¬ 
furter Zeitung" vom ZI. Juli 1917 abgeworfen. Im Grunde genommen war 
dies eine Nummer der „Freien Zeitung" in Lern mit einem gefälschten Titelkopf 
der „Frankfurter Zeitung", die auch sonst täuschend nachgeahmt wurde. Oer Urheber 
dieser Fälschung war der obengenannte Fernau. 
Eine weitere interessante Fälschung waren täuschend nachgeahmte Nummern 
der „Oarette ckes Ardenries" vom 14. Zuli 1916. Diese Ausklärungszeitschrift, von 
der deutschen Besatzungsbehörde in Eharleroi für die französische Bevölkerung im 
besetzten Gebiet herausgegeben, wurde zu einer bösartigen Hetznummer für die 
Franzosen abgewandelt. Insgesamt wurden in vier Monaten fünf gefälschte Nummern 
der „Oarette des Ardennes“ abgeworfen. Beiläufig sei hier erwähnt, daß die Fran¬ 
zosen für die französische Bevölkerung des besetzten Nordfrankreichs eine eigene 
Durch Haltezeitschrift in echt französischer Aufmachung abwarfen. Sie war betitelt: 
„La voix du Pays“, brachte optimistische Heeresberichte von der Ententeseite und 
stellte immer wieder die nahe Befreiung von den Barbaren und das baldige Rriegs- 
ende in Aussicht. 
Eine gefälschte Nummer der „Leipziger Volkszeitung" vom 22. Februar 1918 
enthielt die Reichstagsrede des Abgeordneten vr. Lohn zum Friedensvertrag mit 
der Ukraine! 
Eine Nummer des deutschen Militärwochenblattes vom 8. März 1917, 
abgeworfen im Zuli 1918, enthielt auf den Innenseiten alarmierende Nachrichten 
über die Lebensmittelteuerung in Deutschland. 
29 weltkriegrbuch
	        
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