Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Friedrich Feiger 
Leistungen der feindlichen Frontpropaganda 
Aus dem Inhalt der englischen Frontpropaganda 
In der Zähigkeit, den Gegner psychologisch zu beeinflussen, muß dem Engländer, 
diesem geborenen Propagandisten, der Preis zuerkannt werden. Oer englische 
Nachrichtendienst stand unter einer geradezu meisterlichen Regie. Es fehlt hier an 
Raum, aufzuzeigen, wie dis englische Propaganda klar und kühl wie ein Präzisions¬ 
Werk arbeitete und jeder Schritt das Ergebnis von klugen Beratungen im englischen 
Propagandaministerium unter dem Vorsitz des englischen Propagandaministers 
Lord Northcliffe (ab Februar 1918) war. Zuletzt war die englische Propaganda auch 
äußerlich führend geworden, alle feindlichen Aufklärungsaktionen von der belgischen 
bis zur bulgarischen Front wurden unter englischer Oberleitung unternommen. Um 
auf Einzelheiten bei den englischen Propagandaabwürfen zu kommen: Da wurden 
verbreitet: 
1. Mehr als 30 Fliegerzettel verschiedenen Textes, etwa mit folgenden An¬ 
fängen: 
stn das Sozialistische Proletariat Deutschlands . .. 
Deutsche Soldaten! Man schleppt euch aufs neue zur Schlachtbank. 
2. Eine Air Post (Luft-Post-) Serie, insgesamt 94 numerierte Zettel um¬ 
fassend, die sozusagen im Abonnement aus den Lüsten abgeworfen wurde. Manche 
find trefflich und witzig illustriert. Diese Zettel wenden sich an alle deutschen Massen, 
an den klassisch Gebildeten, an den deutschen Arbeiter, den Sozialisten, an die Bagern 
(dieselben werden gegen die Preußen aufgehetzt!), an die Hannoveraner (dieselben 
werden in ihrem heimatlichen platt angeredet!). 
3. Eine große Serie von Faksimiledrücken von Kriegsgefangenenbriefen, die 
geradezu wie Driginalbriefe, mit blasser Tinte geschrieben, anmuten. Deutsche Sol¬ 
daten, in englische Gefangenschaft geraten, wurden zuerst üppig gefüttert, sodann 
bewogen, sofort Beruhigungsbriefe nach Hause zu schreiben. Die Ahnungslosen taten 
es, aber ihre Briefe wurden im Dienst der englischen Propaganda vervielfältigt! 
Das üppige Essen in englischer Gefangenschaft» die nette Behandlung, die vielen 
Freiheiten werden in hohen Tönen gelobt. Die meisten dieser Briefe sind unzweifelhaft 
echt, andere aber enthalten dann und wann Schreibfehler, die auf einen englischen 
Lriefschreiber schließen lassen! 
4. wurden richtige Bücher und Broschüren, an Schnüren gefaßt, abgeworfen. 
Ein reich illustriertes heft: „Deutsche Gefangene in England" zeigt in Hunderten 
von photographischen Aufnahmen ein richtiges Gefangenenparadies, eine für die 
Bagern bestimmte Broschüre ist in Blauweiß eingebunden; die berüchtigte Denk¬ 
schrift des Fürsten Lichnowskg ist im lvestentaschenformat gehalten,' die Schrift des 
deutschen Renegaten Greiling: „Die Wahrheit" taucht als Luftbroschüre aus. „Sieg- 
ftied Balder" klagt „Wilhelm II., annoch Deutschen Kaiser," an; eine andere Schrift 
desselben Autors ist betitelt: „Kaiser und Krieg, oder Republik und Frieden?" 
5. wurde die belgische Bevölkerung mit französischen oder flämischen 
Fliegerzetteln bearbeitet und zum Durchhalten angehalten. Diese muten durch¬ 
aus tgpisch belgisch an, sind aber in London gedruckt und enthalten auf der Vorder¬ 
seite den laufenden Titel „Le Clairon du Roi“, auf der Rückseite „s’Konings klaroen“.
	        
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