Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

442 
Friedrich Zeiger 
möchtet ihr auch kämpfen? Denkt ihr nicht das ihr auch für beiderlei umsonst schlagen tut?... 
Amerika hat den Krieg nicht gegen da; Deutsche Volk erklärrt, sondern gegen der deutschen 
Regierung; Selbstherrschaft und Junker Partei. Also wartet nicht, bi; man euch alle tötet 
sondern desertiert und kommt;u uns, wir werden euch nichts zu Leide tun, sondern euch 
Nahrung geben, soviel ihr braucht..." 
Me diese Beispiele von Frontpropaganda aus den Lagern der Tommgs, der 
poilus, der Russen und der Feldgrauen usw. zeigen deutlich, daß aller Ansang schwer 
und daß noch kein Meister der Propaganda vom Himmel gefallen ist. Denn bald 
genug läßt sich wahrnehmen, daß überall Plan und System in diese Frontpropaganda 
kommt, daß besonders die Leistungen in den Heeren der Entente sprunghaft steigen. 
Mährend in Europa und Übersee die Weltpropaganda etwas geradezu Überwälti¬ 
gendes bekommt und um die Seelen der Völker gerungen wird, setzt nun in breiter 
Front die Schützengrabenpropaganda ein, der Kampf um die Seele der Sol¬ 
daten beginnt systematisch zu werden. 
von Beginn 1916 ab oder noch früher kann diese planmäßige Beeinflussung der 
Soldaten an den Fronten durch die Gegner wahrgenommen werden. 
von den merkwürdigen Vertriebsmitteln der Frontpropaganda 
wie war es überhaupt möglich, von einer Linie zur anderen Propaganda¬ 
material zu vertreiben? Ließ sich denn das überhaupt systematisch bewerkstelligen 
in den Feuerlinien? Oie Antwort lautet darauf: Gewiß, denn diese Frontpropaganda 
wurde rasch erfinderisch in ihren Verbreitungsmethoden. 
Vertrieb durch Fliegerabwurf 
Zuerst wählte man die einfachste und sicherste Methode: Flieger, deren Flugzeuge 
mit Propagandamaterial beladen waren, stiegen aus und warfen über den feind¬ 
lichen Schützengraben und hinter denselben ihre Fliegerzettel als „Streupropaganda" 
ab. Man konnte auf diese Meise ein ziemlich großes Gebiet bearbeiten, konnte viel 
Material abwerfen und dasselbe wirkungsvoll verstreuen, so daß die meisten Flug¬ 
blätter, wie beabsichtigt, von den unbekannten Empfängern aufgefunden und ge¬ 
lesen wurden. Oie englischen Flieger namentlich bildeten dieses System zur Virtuo¬ 
sität aus, sie erschienen oft in größter Regelmäßigkeit über den deutschen Linien und 
warfen bestimmte Propagandadrucke, die sozusagen „Fliegerzeitungen" waren, mit 
der Planmäßigkeit von Zeitungsausträgern ab. Als aber die englische Fliegerpropa¬ 
ganda im Jahre 1916 einen ungeheuer systematischen Zug bekam und namentlich 
Drucksachen, die das Leben in englischer Gefangenschaft als ein Gefangenenparadies 
schilderten, in riesigen Mengen abgeworfen wurden, griff besorgt die Oberste Deutsche 
Heeresleitung ein, sie erklärte, jeden feindlichen Flieger, der Propagandamaterial 
abwürfe, bei der Gefangennahme kriegsrechtlich kurzerhand erschießen zu lassen. Man 
ließ es aber bei der bloßen Drohung bewenden, die Bekanntmachung sollte nur eine 
Abschreckung sein. Sie wirkte durchschlagend, so sehr, daß das englische Oberkommando 
umgehend Befehle erteilte, den Vertrieb von Propagandamaterial durch Flugzeuge 
einzuschränken. Die englische Propaganda benützte bezeichnenderweise die Drohung 
der deutschen Obersten Heeresleitung, um ein Lügenmärchen, eine Falschmeldung, 
in die Welt zu setzen, die bis zum heutigen Tage noch nicht widerrufen und Karge-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.