Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

432 August Gallinger 
Insbesondere waren die deutschen Offiziere in den untersten Schiffsräumen unter¬ 
gebracht. Der ihnen zugewiesene Raum starrte vor Schmutz und roch beißend nach Pferdemist. 
Es bot sich keine Gelegenheit zum Liegen. Längs der wände standen einige feststehende roh¬ 
gezimmerte Tische mit feststehenden, ganz schmalen Bänken ohne Rückenlehne. Oie zu dem 
Unterkunftsraum führenden leiterartigen Treppen waren sehr mühsam passierbar. Beson¬ 
ders qualvoll war dies für solche Offiziere, die auf Krücken oder an Stöcken gehen mußten 
oder die schwer leidend waren. Rn Verpflegung wurde ihnen Eornedbeef, kalt in Blechdosen, 
und Tee geliefert. Oer Tee wurde in Pferdekrippen gereicht, Trinkgefäße gab es nicht. Oer 
Tee mußte daher aus den Oosen geschöpft werden, in denen sich Eornedbeef befand, nachdem 
dieses aufgegessen war..." 
.. Den Zivilgefangenen ging es auch hier um kein haar besser. Bei der Überfahrt nach 
Korsika wurden 400—500 Deutsche, in einen Verladeraum auf dem Überfahrtsschiff gesperrt, 
und zwar nicht nur nebeneinander, sondern übereinander geschichtet. Oie Abortverhältnisse 
bestanden aus ein paar kleinen Waschschüsseln, welche für die Bedürfnisse der Gefangenen 
nicht zum zehnten Teil genügten, so daß die Fäkalien mitten unter den Gefangenen zerstreut 
auf dem Boden herumlagen,- dabei waren an der Decke die Verladeluken abgeschlossen, so 
daß eine abscheuliche Luft verhanden war. Das Abendessen wurde in mangelhaft geputzten, 
mit Zäkalien verschmierten Schüsseln herumgereicht, so daß der hungrigste dankte.. 
In der Kolonie wurde das mörderische Klima geradezu zum Verhängnis, zu¬ 
mal für die, die ungeachtet ihres körperlichen Zustandes weite Märsche zurück¬ 
legen mußten. Zum Beleg wollen wir einen der Betroffenen selbst sprechen lassen: 
„... In Save wurden die Gefangenen in offenen, in Eile hergestellten Schuppen und 
Grashütten untergebracht. An Gepäck hatten sie nur das Allernotwendigste mitnehmen 
dürfen. Oie meisten besaßen nur die Strohmatte und die dünne Baumwolldecke, die sie bei 
der Ankunft in Eotonou ausgehändigt erhielten, an Kleidungsstücken nur das, was sie bei 
der Gefangennahme auf dem Leibe trugen. Auf energische Vorstellung der deutschen Arzte 
wurden einzelne Gefangene nochmals auf Marschfähigkeit untersucht. Ferner wurde das 
Generalgouvernement in Dakar wiederholt von den Transportführern telegraphisch gebeten, 
auf den befohlenen Marsch ins Innere zu verzichten. Allein die Weisung des Generalgouver¬ 
neurs lautete: ,Ver Marsch nach dem Inneren ist unter allen Umständen durchzuführen, 
koste es was es wolle? 
Täglich mußten Strecken von 20—35 km in einer Hitze von 30—50°, die in der Sonne 
auf 800 st^g, zurückgelegt werden. Trotzdem die Märsche nachts um 2 Uhr begannen, war 
die Tageshitze nicht zu vermeiden, da die Sonne schon um 8 Uhr morgens stark brannte und 
die Kranken sich nur langsam vorwärtsschleppen konnten. Oie meisten der Gefangenen 
waren in keiner weise auf lange Märsche in den Tropen körperlich vorbereitet, zumal sie 
durch den vorangegangenen Tropenaufenthalt an Widerstandskraft eingebüßt hatten. Eben¬ 
sowenig waren sie für die Märsche ausgerüstet. 
An anderen Tagen wurden die Marschunfähigen von den nachkommenden Abteilungen 
aufgenommen und trotz des ärztlichen Protestes durch Kolbenstöße und Drohungen weiter¬ 
getrieben. Dies geschah auch mit Offizieren, die, vor Überanstrengung zusammengebrochen, 
im Straßengraben lagen. 
Oie deutschen Arzte erhoben nochmals gegen den Weitermarsch Protest. Oer Transport¬ 
führer, Kapitän Bosch, erklärte indessen, ,die Gefangenen ständen außerhalb des Völker¬ 
rechts' ..." 
Zolgende Aussage stammt von Dr. Lenze, Leiter des wissenschaftlichen Labora¬ 
toriums in Lome (Togo): 
„... In weitem Halbkreis wurden wir in Kamina von den feindlichen Truppen umstellt, 
während der stellvertretende Gouverneur, Geheimrat von Ooering, mit dem englischen Ober¬ 
befehlshaber noch einmal verhandelte. Vieser sicherte uns ehrenvolle Behandlung zu... 
Oie ganze Stadt war in Aufregung, am Strande drängte sich eine Volksmenge von schwarzen 
und weißen Franzosen. Gleich darauf wurden unsere Frauen, die das Handgepäck selbst 
tragen mußten, in das Krankenhaus von Eotonou abgeführt. Dann wurden die Männer in 
langem Zuge durch die gaffende und grinsende Menge unter Bewachung von Senegalesen 
mit Bajonett nach einem Lagerschuppen geführt. Oie Französinnen machten nicht nur höh¬ 
nische Bemerkungen, sondern streckten auch die Zunge gegen uns heraus.. 
„... Oer Gepäckraum war durch einen Lattenverschlag von dem Gefangenenraum ge¬ 
trennt. Zn dem letzteren standen an dem verschlag einige Petroleumdosen, welche den Abort 
vorstellten, die aber nicht rechtzeitig geleert wurden, so daß im Gepäckraum allmählich eine
	        
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