Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Toni Kellen 
Später kam die Sorge für die Bekleidung der vaheimgebliebenen, und 
sie trat geradezu beunruhigend in den Vordergrund. 
Ein schwerer Eingriff in die bisherige Lebensweise war die Rationierung der 
Bekleidungsgegenstände. Oer Mangel an Textilwaren nötigte eben dazu, und 
die Folge war, daß nun auch die getragenen Kleider viel eifriger gesammelt wurden 
als früher von einzelnen Altkleiderhändlern. 
„Hilfe tut not! Gffnet die Truhen und Schränke!" Unter diesen Stichworten 
wurden Aufrufe erlassen und auf Zetteln und Postkarten verbreitet, va hieß es: 
„Wer getragene Kleidung gegen Entgelt oder unentgeltlich abliefert, hilft die Vor¬ 
räte an Kleidung strecken und nützt dem Vaterlande!" Es wurde eine besondere 
Kleider-Verwertungs-Gesellschaft m. b. h. (K. v. G.) gegründet, die überall An¬ 
nahmestellen errichtete. Gegen Abgabebescheinigung dieser Stellen erhielt man einen 
Bezugsschein zum Ankauf von Kleidung und Schuhwaren in höheren Preislagen. 
Altmaterialien 
Unter den Altmaterialien waren die Metalle am wichtigsten, weil sie für die 
Kriegsindustrie und die Munitionserzeugung am dringendsten gebraucht wurden. 
Deshalb wurden gesammelt: Kupfer, Zinn, Aluminium, Messing, Stanniol, Flasch en- 
kapseln, Tuben, Blei' Konservenbüchsen, Zigarettenschachteln aus Blech, Spielsachen, 
Küchengeräte aus Weißblech, Soldatenknöpfe, Patronenhülsen usw. 
Aus Weißblechsachen (Konserven-, Sardinen-, Tee-, Zigarettenbüchsen, Trichtern, 
Sieben) wurde Zinn gewonnen, ein für die Munitionsherstellung wichtiges Roh¬ 
material. Am ehesten konnten noch die zinnernen Bierglasdeckel entbehrt werden, 
von denen in den Städten viele Tausende geholt wurden. Aber auch zinnerne Schüs¬ 
seln, Teller, Lettflaschen u. dgl. wurden geopfert und dann die Orgelpfeifen, 1—3 m 
lange, dünne Röhren aus feinstem Zinn. Sie wurden erst zusammengepreßt, ehe sie 
in irgendeine Fabrik geschafft wurden, um dort eingeschmolzen zu werden. 
Glühlampensockel (aus Kupfer, Messing, Eisen) konnten zur Herstellung neuer 
Lampen verwendet werden, so daß Metalle und Arbeit gespart und Maschinen ge¬ 
schont wurden. 
Zm Felde sammelten die Mannschaften die gebrauchten Patronenhülsen. Oer 
Sammelunteroffizier der Kompanie bezahlte dafür einen Bergelohn. 
Auch in früheren Kriegszeiten waren Kirchenglocken eingeschmolzen worden, 
aber diesmal war der Eingriff besonders hart, weil die Zahl der beschlagnahmten 
Glocken sehr groß war. Allerdings wurden die Glocken, die einen wirklichen Kunst- 
wert hatten, geschont, nicht aber die vielen, die für ihre Gemeinde einen Erinnerungs¬ 
wert besaßen. Lronzeglocken waren eben die ergiebigsten Bronzequellen und brauchten 
nicht sofort ersetzt zu werden. 
Es wurden auch Denkmäler "aus Bronze ganz oder teilweise (allegorische 
Figuren) abgebaut, und bei manchen brauchte man es nicht einmal zu bedauern, 
da die Zahl der geschmacklosen Denkmäler sich im Laufe der Zeit allzusehr gehäuft 
hatte. Leider wurden manche der minderwertigsten stehen gelassen, weil ihr Metall¬ 
wert zu gering war. 
Angekauft wurden alle möglichen Gegenstände aus Aluminium, Kupfer, Messing, 
Nickel und Zinn. Soweit sie nicht freiwillig angeliefert wurden, wurden in Fabriken
	        
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