Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Toni Kellen 
mitzubringen. Zunächst wurden zwei gerfel gefüttert, und in kurzer Zeit brachte 
man es auf sechs Schweine. 
Oa bei dem verbot, Brotgetreide zur Fütterung zu benutzen und dem Fortfall 
der Einfuhr von Rraftfuttermitteln das vurchhalten des Viehes manchen Lauern 
sehr schwer wurde, erging ein ministerielles Rundschreiben an die Städte, durch ge¬ 
sonderte Aufbewahrung und Verwertung der Rüchenabfälle teilweise Ersatz zu 
schaffen. Für Groß-Berlin ordnete dies der Oberbefehlshaber in den Marken zum 
1. Februar 1915 an. Die Hauswirte wurden verpflichtet, für ihr Grundstück einen 
Rasten aufzustellen, in dem nur die Rüchenabfälle zur Abholung bereit zu halten 
waren. Berlin hat dann mit dem Verein Berliner Molkereibesitzer einen Vertrag ab¬ 
geschlossen, durch den ein erheblicher Teil der zur Viehfütterung geeigneten Speise¬ 
reste übernommen wurde. Zn anderen Städten fanden die Abfälle willige Abnahme 
bei den Lauern und sonstigen Viehhaltern. 
Den Gemeinden war die Verpflichtung auferlegt, die gesammelten Abfälle ab¬ 
zuholen und an die Keichsgesellschaft für deutsches Milchkraftfutter zu liefern. Diese 
ließ die Abfälle zu Futter einarbeiten und stellte auf verlangen jeder Gemeinde, die 
eine genügende Regelung des Milchverkehrs durchgeführt hatte, zu einem Vorzugs¬ 
preis Milch kraftfutter zur Verfügung und zwar in einem bestimmten Verhältnis zur 
Rohstofflieferung, vie Reichsgesellschaft für Milchkraftfutter übernahm Fabriken aus 
privatbesitz und errichtete neue Aufbereitungsanlagen, so daß vom Sommer 1917 
an ein erheblicher Teil der in den Städten von mehr als 40000 Einwohnern sammel¬ 
baren Abfälle zu vauerfutter verarbeitet werden konnte. 
Zn Essen haben 12000 Haushaltungen im einer Woche 50000 KZ Futtermittel 
geliefert. 
von sonstigen Abfällen kamen nur einzelne und zudem bloß bedingt in Betracht. 
Die Rakaoschalen sind nur für Wiederkäuer (nicht für Schweine) geeignet, vie 
Rartoffelpulpe, d. h. das bei der Stärkefabrikation aus Rartoffeln entstehende 
Abfallerzeugnis, das im wesentlichen aus den Faserbestandteilen der Rartoffeln be¬ 
steht, wurde eingesäuert oder getrocknet für Pferde, Mastvieh und Milchvieh verwendet. 
Da allmählich alle Futtermittel beschlagnahmt waren, blieb schließlich für die v ö g el 
nichts mehr übrig, soweit sie sich es nicht selber holten. Deshalb erließ der Präsident 
des Rriegsernährungsamtes am 22. November 1916 eine Bekanntmachung, wonach als 
vogelfutter freigegeben wurden: Sämereien aller Riefer- und pinusarten, Samen 
von Erle, Fichte. Birke, Lärche, Ginster und Hainbuche, ferner Zirbelnüsse, Wegerich, 
Vogelbeeren. Ameiseneier, Weißwurm und Puppen der Seidenraupe. Zst es nicht 
rührend, daß man in dem hungernden Deutschland sogar noch der Vögel gedachte? 
Bekleidung 
Zm September 1914, als die Tage und besonders die Nächte anfingen kühler 
zu werden, wurden für die Soldaten warme Untersachen verlangt, besonders auch 
wollene Strümpfe und Leibbinden, sowie Pulswärmer. 
In der Zeit vom 17. bis 24. Januar 1915 fand in ganz Deutschland eine „Reichs- 
Wollwoche" statt. Der Zweck dieser von dem „Rriegsausschuß für warme Unter¬ 
kleidung" in Berlin angeregten Reichs-Wollwoche bestand darin, für die im Felde 
stehenden Truppen die in den Familien noch vorhandenen überflüssigen warmen 
Sachen und getragenen Rleidungsstücke (Herren- und Frauenkleidung, auch Unter¬
	        
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