Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Toni Kellen 
Menge gemünzten Goldes im Besitz der Bevölkerung. Aus dem Umlauf war es aller¬ 
dings verschwunden, und nur in besonderen Zollen wurde es noch als Zahlungs¬ 
mittel benutzt. Lin Teil war wohl auch schon von der Industrie verarbeitet worden, 
ein anderer Teil ins Ausland abgewandert und nicht zurückgelangt; aber immerhin 
blieben noch ein paar Milliarden Gold im privatbesitz, und es war deshalb begreif¬ 
lich, daß vaterländische Kreise ihre Bemühungen fortsetzten, auch dieses Gold der 
Reichsbank zuzuführen. Dabei wurden zuweilen auch Mittel benutzt, die vielleicht 
nicht mehr ganz einwandfrei waren. So wurde 1917 in einzelnen Gemeinden ein 
besonderer Druck auf die Einwohner ausgeübt, indem sie gedrängt wurden, folgende 
Erklärung zu unterschreiben: 
„Goldgelübde 
Lei dem teueren Blute der schon gefallenen und bei dem geliebten Leben der noch 
kämpfenden Söhne unseres Vaterlandes versichere und verspreche ich auf Ehre und Ge¬ 
wissen, daß sich in meinem und meiner Angehörigen Besitz lein Goldgeld befindet und 
daß ich auch fernerhin bis ;um Kriegsende jeder Goldstück, das etwa noch in meinen Besitz 
gelangt, alsbald an den öffentlichen Kassen zum Umtausch bringen werde." 
Dieser Zettel sollte unterzeichnet in der Brotkartenausgabestelle abgegeben 
werden. Die Unterzeichner sollten in das Ehrenbuch der Gemeinde eingetragen 
werden. Die Namen derjenigen, die nicht unterzeichneten, sollten in einer Schwarzen 
Liste öffentlich bekanntgegeben werden. Auf dem Zettel war noch bemerkt: 
„Goldgeld nimmt tagsüber jede postanitalt und jede öffentliche Kasse in Empfang 
und zahlt dafür den gleichen Betrag in anderem Gelde (!) aus. Abends, nach vunkelwerden, 
aber sind die Drtsgeistlichen bereit, in unauffälliger Weise Goldgeld in Empfang zu nehmen 
und einzuwechseln." 
Auf diese Weise suchte man die Besitzer von Goldstücken als Missetäter hinzu¬ 
stellen, die das Tageslicht zu scheuen hätten. Dadurch hat man aber lediglich harm¬ 
lose Gemüter erschreckt, während viele andere sich nicht im geringsten dadurch beein¬ 
flussen ließen und ihr Gold sorgfältig im Rasten bewahrten. 
Während die Reichsbank sich um den Rückfluß deutscher Goldmünzen bemühte, 
wurden von privater Seite Gold- und Schmucksachen gesammelt. 
Oer Verein Deutscher Schmucksteinfreunde begründete unter dem Namen „Reichs¬ 
sammlung vaterlandsdank" eine Einrichtung, die zugunsten der Nationalstiftung für 
die Witwen und Waisen der im Kriege Gefallenen Gold, Silber und Schmucksachen 
sammelte und den Spendern einen aus rostfreiem Kruppschen Stahl hergestellten 
Ring mit der Inschrift „vaterlandsdank 1914" gab. Die Schmucksachen ohne Kunst- 
wert wurden eingeschmolzen, die übrigen verkauft. Zn Preußen wurde am 14. August 
1915 dem „vaterlandsdank" die Sammlung von Gold und Silber für ganz Preußen 
genehmigt. 
Nun ging auch die Reichsbank dazu über, zur Verstärkung ihres Goldschatzes den 
Ankauf von Goldsachen zu betreiben. Zur Förderung dieser Sammlungen bil¬ 
deten sich zunächst in der Rheinprovinz und dann auch in den anderen preußischen 
Provinzen und deutschen Bundesstaaten Ehrenausschüsse aus angesehenen Männern 
und Zrauen. Zn den Goldankaufsstellen wurden die eingelieferten Schmuckstücke von 
sachverständigen Goldschmieden abgeschätzt, und danach wurde der Goldwert ver¬ 
gütet. Dabei wurde den Einlieferern der Dank der Reichsbank durch ein Mitglied 
des Ehrenausschusses ausgesprochen und außer einem Gedenkblatt eine eiserne 
Gedenkmünze ausgehändigt.
	        
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