Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Waffen und Munition 
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Gewaltige Steigerung der Munitionsproduktion. Die Wunder der 
deutschen Technik 
Nicht ohne Interesse ist der v e r g l e i ch des in der Friedensüberlegung geschätzten 
voraussichtlichen und des im Krieg sofort notwendig werdenden Munitions¬ 
bedarfs, der an den Feldgeschützen illustriert sei. Für den etwaigen Kriegsfall 
hatte man für 1914 an monatlicher Lieferung in Aussicht genommen 200000 Schutz 
für Feldkanonen, 70000 Schutz für leichte Feldhaubihen. Mitte Oktober 
wurden (natürlich unter Anrechnung der Graugutzgeschosse) geliefert 460000 Schutz 
monatlich für die Feldkanonen, 310000 für die leichte Feldhaubitze, die bis 
Ende Dezember auf 1250000 und 360000 gesteigert werden sollten; der Chef des 
Generalstabes erklärte sie als nicht genügend. Jetzt traten aber Hemmnisse bedenk¬ 
lichster Art auf. Nicht bezüglich der eigentlichen Geschosse, aber auf anderem Gebiet. 
Zum Wirksamwerden des Geschosses gehören Sprengstoff als Ladung, Pulver als 
Treibmittel, Rartuschhülsen zum verbinden von Ladung und Geschoß. — Die 
Rartusch Hülse aus Messing bedingte Rupfer, das nur in mäßigen Beständen vor¬ 
handen und für tausend andere Geräte (;. B. Telegraphendraht) in großen Mengen 
verlangt wurde; ihre Fertigung verlangsamte sich. — Die Sprengladung aus Trinitro- 
toluol war ohne Stickstoff, die Treibladung, das Nitrozellulosepulver, nicht ohne 
Baumwolle und Stickstoff in großen Mengen herstellbar. Allerdings gelang es bald, 
die Baumwolle durch Holzzellstoff zu ersetzen, und man besaß auch, dank der Erfin¬ 
dungen deutscher Gelehrter und Techniker, zwei Verfahren zur Slickstoffgewinnung 
aus der Luft. Sie hatten die deutsche Landwirtschaft und Industrie vom chilenischen 
Salpeter unabhängig machen sollen; die Fabriken waren in einem auf Jahre berech¬ 
neten Ausbau. Nun kam der Krieg und forderte gewaltige Mengen in kürzester Zeit. 
Die industriellen Anlagen für die Stickstoffgewinnung benötigten außerordentlich 
großen Raum und — mußten erst gebaut werden, von ihrem Fortschreiten hing die 
Munitionserzeugung ab. Ls war eine gewaltige, von den Feinden für unmöglich 
gehaltene und von ihnen selbst nie erreichte Leistung, daß schon im herbst 1914 
monatlich 1000 t Pulver auf der Grundlage des erzeugten Stickstoffs hergestellt 
werden konnten, die allmählich auf 60001 Nitrozellulose- und -glgzerinpulver 
gesteigert werden sollten. Oktober 1915 waren 4750t als monatliche Produktion 
erreicht, ver gewaltige Bedarf vor Verdun und der noch erheblich gesteigerte Bedarf 
in der von der Entente als Materialschlacht ungeheuersten Ausmaßes inszenierten 
Sommeschlacht veranlaßte die weitere Vergrößerung der Fabriken bis zu einer 
Monatsleistung von 10000 t Nitropulver, zu denen weitere 2000—4000 t Ammon¬ 
pulver traten. Diese Leistung war Oktober 1917 erreicht und sollte auf Grund der 
Forderung des hindenburg-programms zunächst nochmals um weitere 20001 ge¬ 
steigert werden. Da kam — unerwartet — ein anderes Hindernis. 
Genau entsprechend der monatlichen Fertigung von Pulver und Sprengstoffen 
war die Zahl der Geschosse, der Zünder, der Rartuschen und Rartuschhülsen — also 
die Munitionsmenge überhaupt — gesteigert worden. Als nun die 10 000-1-Menge 
überschritten werden sollte, konnte infolge Stahlmangels die Fertigung der Geschosse 
nicht mehr weiter gesteigert werden — die Höchstgrenze war erreicht. Immerhin: 
eine Munitionslage wie im Winter und Frühjahr 1915 ist trotz des ungeheuren 
Bedarfs nie wieder eingetreten, ver Glaube, die sichere Zuversicht der Entente,
	        
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