Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Max Schwarte 
erforderte sechs Monate zur Fertigung, erforderte Lhrom- und Nickelzuschläge für 
den Stahl, Rupfer für die Führungsbänder und für das Messing an Zünder und 
Rartuschhülse, Baumwolle für das Pulver, Stickstoff für die Sprengladung — und 
das waren alles Rohstoffe, die Deutschland nicht besaß oder doch nur in geringster 
Menge erzeugen konnte. Und England unterband sofort, wie die Einfuhr der Nah¬ 
rungsmittel, so auch die aller Rohstoffe rücksichtslos. Ruf die schnellste Erschöpfung 
Deutschlands rechnete die Entente, die über diese Verhältnisse viel besser orientiert 
war, als das deutsche Volk selbst, mit absoluter Bestimmtheit. Und sie rechnete nicht 
einmal falsche aber sie hatte doch einen entscheidenden Faktor einzusetzen vergessen: 
Den Lr sin dungsg eist des deutschen Gelehrten und die Energie der deutschen Technik 
und Industrie, dabei aber auch die Zähigkeit des deutschen Soldaten im Ertragen. 
wie man über die Krise wegkam 
Ruch beim Feinde Munitionsmangel 
übermenschliches allerdings wurde von ihm gefordert, was im Frieden versäumt 
war, mutzte er durch ungeheure blutige Opfer ausgleichen; denn die Umstellung in 
der Heimat auf das, was der Rrieg forderte, verlangte Zeit. Sie verlangte viel Zeit, 
leistete dann aber so Gewaltiges, daß sie noch heute die Be- und Verwunderung der 
Welt erregt — mit Recht. Es war wie ein aufpeitschender Sturm, der den deutschen 
Arbeiter, den Hand- und Ropfarbeiter, erfaßte, die Daheimgebliebenen und die nun¬ 
mehr schleunigst aus der Front gezogenen, leider durch Verluste schon verringerten, 
in die heimischen Fabriken zurückgesandten Facharbeiter,' und als trotzdem der Bedarf 
an hochwertiger Munition nicht hergestellt werden konnte, schuf man Aushilfs- 
munition, die, wenn auch sehr minderwertig, über die schlimmste Zeit hinweghalf. 
Nur so ist es erklärlich, daß die tatsächlich schwere Krisis im Winter und Frühjahr 
1915 überwunden wurde — aber auch das nur, weil die Hauptgegner, Frankreich, 
Rußland und England, in der gleichen Illusion befangen, in gleicher Weise in der 
Rriegsrüstung gefehlt hatten und Mangel litten. 
Zahlen aus der deutschen Geschützproduktion 
Enorme Steigerung der Leistungen 
Zahlen sind eine trockene Lektüre und doch geben nur sie ein Bild davon, was 
Deutschland leistete. 
Die staatlichen Werkstätten und die Fabriken von Rrupp und Ehrhardt 
(Rheinmetall) erzeugten in den letzten Friedensmonaten 15 Stück monatlich, 
zusammengerechnet, an Feldkanonen und leichten Feldhaubitzen. Bis Ende 1914 
wurde die Erzeugung auf 100 Geschütze monatlich gesteigert, bis Mitte 1915 auf 
270, Ende 1915 auf 480, 1916 auf 1500, 1917 auf 2000 Stück monatlich. Allerdings 
konnten das nicht die wenigen Fabriken der Friedenszeit leisten; zahlreiche Metall¬ 
fabriken, die nie vorher mit Waffen und Munition etwas zu tun halten, stellten sich 
um,' und schließlich waren an der Herstellung von Feldgeschützen, Lafetten, protzen 
und ihrer Einzelteile über 580 Fabriken tätig. Sind dann aber die vorher genannten 
Zahlen, so wird dieser und jener fragen, ein Runststück? Das sind doch nur 4 Geschütze 
täglich für jede Fabrik! Doch nur der kann so fragen, der nie den komplizierten Aufbau 
eines Rohrrücklaufgeschützes gesehen hat. Zum „Geschütz" konnten diese vielen hundert 
Einzelteile nur in den wenigen Fachfabriken zusammengesetzt werden,' alle anderen
	        
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