Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Schietztag beim Parirgeschüh 
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Schon zehn Minuten nach dem ersten Schutz kann der nächste seiner 128-km-Fahrt in 
himmelshöhen überlassen werden. 
Andere Pflichten rufen uns ab. Noch einmal hörten wir die Donnerstimme des 
Parisgeschützes, diesmal, als wir schon nahe der Chaussee nach Laon waren. Jetzt 
grollte es, als ob der hinter uns liegende Wald in die Luft ginge. Nun glaubten wir 
es schon eher, daß etwa sechs Zentner Pulver bei jedem Schutz zur Explosion kamen. 
Wir dachten an die Riesenkartusche, neben der das Geschoß selbst fast klein wirkte. 
Aus der Statistik der Parisgeschütze 
185 Treffer zählten die Franzosen vom 23. Mär; bis 1. Mai 1918 und vom 
27. Mai bis II. Juni desselben Jahres 104 Treffer, zusammen 289 Treffer. In einem 
Bereich von 3 Ion Breite und 15 km Tiefe satz im Stadtkern von Paris Schutz an Schutz. 
Die moralische Wirkung dieser Beschießung war ungemein stark, freilich an die aus¬ 
zehrenden Wirkungen der Hungerblockade reichte sie nicht im entferntesten heran. 
Mit dem einen der drei Geschütze wechselte man noch zweimal die Stellung. 
Stets aber blieb es wie auch die anderen im Bereich der 7. Armee des Generals 
v. Boehn. Es wurde zunächst auf der Eisenbahnlinie Laon—Ham nach der Stellung 
südlich der Somme zwischen Flavg-le-Martel und Leaumont en Beine gefahren. 
Dort lag es wieder mitten im Wald in hervorragend guter Deckung, diesmal nur 
105 km von Paris entfernt. 
Stellungswechsel der Parisgeschütze 
Als die Maioffensive 1918 den deutschen Angriff bis auf die Linie Dillers Eotte- 
rets und Ehäteau Thierrg vorgetragen hatte, wurde auch ein Geschütz auf eine Ent¬ 
fernung von etwa 87 km von Paris vorgezogen. Man brachte es in Stellung an 
Waldhöhen zwischen Fdre en Tardenois und Ehäteau Thierrg unweit Dille en Tar- 
denois. Am 16. Juli war es feuerbereit. Leider machte die Entwicklung der Schlachten 
einen Strich durch die Rechnung. 
Der Dorwärtsdrang der Mai-Juni-Dffensive hatte der deutschen Front bei 
Ehäteau Thierrg eine gefährliche Ausbuchtung auf den Feind zu gebracht. Die Gberste 
Heeresleitung hatte darum einen neuen Angriff am 15. Juli beiderseits von Reims 
angesetzt, um diese wenig günstige Einbruchstelle in die französische Front entscheidend 
zu erweitern. Auch diesmal war das Unternehmen auf Überraschung des Feindes 
aufgebaut. Zum erstenmal glückte das nicht. Derrat war im Spiel gewesen. Die vor¬ 
dersten feindlichen Linien waren geräumt. Die deutschen Sturmtruppen stießen 
dahinter auf eisernen Widerstand. Der Angriff verpuffte erfolglos. 
Drei Tage später, am 18. Juli, begann der Feind seinen großen Tankangriff von 
der Gegend Dillers Eotterets her. Die 7. Armee ging zurück auf die Linie Soissons— 
Reims, und mit ihr das Ferngeschütz. Es konnte also in der neuen Stellung nicht mehr 
zur vollen Leistung kommen. Die noch wirkungsvollere Beschießung von Paris auf 
87 km Entfernung war unmöglich geworden. 
Der Derbleib der Geschütze 
Wo sind sie nach Kriegsende geblieben, unsere großen, stolzen Parisgeschütze? — 
Die Geschütze wurden zurücktransportiert und sind, ohne von der interalliierten 
Rommission besichtigt worden zu sein, vernichtet worden.
	        
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