Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Aus den Geheimnissen der Technik der liriegrzeit 
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auch politische Überseetelegramme, zur Kenntnis der englischen Admiralität 
gekommen, trotzdem man stets geschlüsselt gefunkt und von 1916 ab den Schlüssel 
an jedem Tage geändert hat. Oer damalige Direktor Ewing der englischen Marine¬ 
schule hat nach dem Kriege in der „Times" selbst enthüllt, wie er im „Raum 40" 
des Admiralstabes mit schließlich 50 Mitarbeitern alle durch Horchposten aufgenom¬ 
menen deutschen Funkmeldungen und Flottensignale sofort entschlüsselt und dem 
Admiralstabe übergeben habe — bis zu 2000 Funksprüchen an einem Tage. Voraus¬ 
setzung hierfür war allerdings, daß einige deutsche Kodebücher den Engländern bald 
nach Kriegsausbruch in die Hände gefallen waren. Das Geheimnis des „Raums 40" 
ist, von den Engländern in vorbildlicher weise gehütet, der deutschen Admiralität 
erst nach dem Kriege bekannt geworden. 
Ein „Bombenerfolg" 
In der dunklen, mondlosen Nacht vom 20. zum 21. Juli 1916 zieht gespenstisch 
wie der Nachtvogel ein Flugzeug dahin,' in seinen Krallen hält es 3 Brandbomben, 
8 Earbonit- und 10 P- und W-Bomben. Oie feindliche Front ist überflogen und man 
ist dem wilden Feuer der Abwehrgeschütze und dem taghellen Licht der Scheinwerfer 
glücklich entronnen. Oer Führer nimmt wieder Richtung auf den Grion. Man nähert 
sich dem 60 km hinter der Front liegenden Audruicq, das man kürzlich durch Auf¬ 
nahme eines Bildflugzeugs als das Hauptmunitionslager der Engländer erkannt hat. 
Vas erste der vier, zur Zerstörung bestimmten Bombenflugzeuge wirft gerade seine 
Hölleneier ab, grell wird das Ziel erleuchtet. Oer „Franz" (Beobachter) unseres 
(zweiten) Flugzeuges richtet über das Zielgerät den Flugführer ein und wirft mittels 
der Auslösevorrichtung Bombe nach Bombe ab. Man sieht noch die Einschläge und 
Explosion auf Explosion, entzieht sich dann aber mit größter Schnelligkeit dem Höllen¬ 
feuer der Flaks,' glücklich landet man im Heimathafen. — Oie Wirkung der vier Flug¬ 
zeuge war verheerend, durch ein zweites, nach dem Bombenangriff aufgenommenes 
Luftbild vom Ziel wird festgestellt, daß sämtliche Bauten des Munitionslagers bis 
auf einen Schuppen niedergebrannt und die zahllosen Munitionsstapel vernichtet 
sind. — 
Solche „Bombenerfolge" waren erst nach Überwindung größter Schwierigkeiten 
durch unsere Fliegerwaffe und nach schärfster Anspannung unserer Flugzeugindustrie 
möglich, waren wir doch mit nur 218 bemannten Flugzeugen in den Krieg 
gezogen und standen 1914 an der Westfront den mehr als 500 feindlichen Flug¬ 
zeugen nur mit 186 gegenüber, die ihnen zudem an Kriegsbrauchbarkeit unterlegen 
waren. 
Auch die Abwurfmunition war in den ersten Kriegsjahren noch mangelhaft. 
Oie deutschen Flieger warfen außer „Fliegermäusen" (kleinen Handgranaten) birnen¬ 
förmige Earbonitbomben von 4,5, 10, 20 und 50 KZ ab, die nur geringe Treffähigkeit 
hatten, zumal das Flugzeug anfangs keine Ziel- und Abwurfsvorrichtung hatte. 
1916 wurden die torpedoförmigen P- und W-Bomben zu 12,5, 50, 100, 300 und 
1000 kg eingeführt. Oie 100 kg schwere Bombe war schon imstande, ein mehr¬ 
stöckiges Haus bis auf den Grund zu zerstören,' die 300- und 1000-kg-Bomben legten 
einen ganzen Häuserblock nieder. Man vergleiche die Wirkung einer einzigen 
schweren Fliegerbombe in einer französischen Ortschaft (Bild Nr. 154) mit dem an 
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