Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

310 
Max Blsimnet 
über die Erfindung dieser unheimlichen Waffe erzählen die Franzosen folgende 
ergötzliche Geschichte: Lei einem deutschen Kötfermtmöoer sollte auch ein kleines 
Festungswerk gestürmt werden. Oer Befehlshaber des Werks, ein Leutnant, sah im 
Hofe des Werkes eine Feuerspritze stehen, brachte sie gegen die Sturmkolonnen in 
Tätigkeit und schlug so mit dem Wasserstrahl den Angriff ab. Dies soll auf den Kaiser 
und den Generalstab einen solchen Eindruck gemacht haben, daß man in Verfolg 
dieses Gedankens auf den Flammenwerfer verfallen ist. 
Diese Sage ist vermutlich entstanden, als die Waffe im September 1909 bei 
einer Übung am Festungswerk Säpzig bei Küstrin erprobt wurde. In Wirklichkeit 
stammt die Erfindung des Flammenwerfers vom Berliner Ingenieur Fiedler, der 
sie schon 1901 dem Ingenieur-Komitee anbot, nachdem er sie oft zur Volksbelusti¬ 
gung als „Brennenden See" in Lerlin-Weißensee vorgeführt hatte. Es dauerte 
lange, ehe etwas Kriegsbrauchbares daraus wurde. Erst 1912 wurde das Gerät 
für den Festungskrieg den Pionier-Lelagerungstrains überwiesen. 
In einem tragbaren Kessel wird ein leicht brennendes C>l durch Kohlensäure 
(später Stickstoff) unter Druck gehalten. Beim Offnen eines Hahns wird das <k>l 
in ein Strahlrohr gedrückt, beim herausspritzen entzündet und, von mächtiger, 
schwarzer Rauchwolke begleitet, als brennender Strahl gegen den Feind geschleudert, 
um Widerstandsnester wie ;. L. Maschinengewehre, Grabengeschütze usw. zu ver¬ 
nichten. Der kleine Flammenwerfer (Kleif) mit seiner Reichweite von 22 m sollte 
beim Sturm auf Festungswerke die Schießscharten in den Grabenwehren bekämpfen, 
der 35—40 m reichende große Flammenwerfer (Gros) bei Angriff und Verteidigung 
von Werken mit einer Schlauchleitung verwendet werden. 
Die wenigen Flammenwerfer, die den Pionieren bei Kriegsbeginn mitgegeben 
waren, wurden ihnen bald wieder entzogen, da sie damit nichts anzufangen wußten. 
Erst nach gründlicher Schulung einer ausgesuchten Mannschaft, meist Feuerwehr¬ 
leuten von Beruf, durch den damaligen Hauptmann d. Ldw. Reddemann, den 
Branddirektor von Leipzig, wurde die Waffe im Stellungskrieg bei Verdun eingesetzt. 
Oer tüchtige Reddemann benutzte damals, um die Reichweite zu erhöhen und die 
Wirkung zu steigern, für den Flammenangriff vornehmlich Gas- und hand¬ 
druckspritzen der Feuerwehr. Da ihre Verwendung aber im Grabenkampf 
Schwierigkeiten machte, kehrte man wieder zu dem bisherigen Flammenwerfer¬ 
gerät zurück und vervollkommnete es. 
Man stellte ein noch handlicheres Gerät her, den wex (Wechselapparat),' der 
Kleif wurde mittlerer Flammenwerfer und konnte auch als Doppelkleif verwendet 
werden, wie man große Flammenwerfer auch zum Doppel- und Mehrfachgrof 
zusammenstellte. Der Flammenangriff in zusammengefaßter Gruppierung von 
kleinen, mittleren und großen Flammenwerfern, überwältigte, von einem ent¬ 
schlossenen Führer geleitet, den zähesten widerstand von Maschinengewehrnestern, 
besetzten Häusern, Barrikaden usw. 
Man schuf auch Flammenbomben, d. s. mit Flammöl gefüllte Blechkugeln, 
die nach ihrer Entzündung in tiefe Stollen, höhlen oder Keller geworfen wurden, 
um diese auszuräuchern. Ferner stellte man Flammenhindernisse her, indem 
man den Erdboden oder wassertümpel mit Flammöl begoß und entzündete. 
Über unsere Verwendung von Flammenwerfern haben sich die lieben Franzosen 
damals sehr entrüstet, obgleich sie durch verrat bereits 1913 von der neuen Waffe
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.