Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

wie sich der Gaskrieg entwickelte 
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oder Monaten mit geringer Narbenbildung abheilten. Dauernde Schäden und töd¬ 
liche Vergiftungen waren verhältnismäßig selten. 
Gelbkreuz verschoß man anfänglich mit reinen Gasgeschossen. Damit konnte man 
schwer überraschen, weil der Nnall sich von denen anderer Geschosse unterschied. 
Überraschung war wesentlich. Man versuchte daher Gelbkreuzbrisanzgeschosse herzu¬ 
stellen, kam damit aber erst 1918 zustande. Die Massenfertigung setzte dann so spät 
ein, daß sie sich im Rriege nicht mehr auswirkte. 
Gelbkreuz war offenbar zur Verwendung im Angriff wenig brauchbar. Auch zur 
Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs eignete es sich wenig, da die 
Wirkung nicht sogleich eintrat. Sein hauptwert lag in der Möglichkeit, voraus¬ 
schauend Geländestücke zu verseuchen. In der Tat ist kein Fall bekannt, in dem der 
Feind durch ein ausreichend vergelbtes Gelände einen Vorstoß zu unternehmen ge¬ 
wagt hätte. 
Im vorstehenden ist eine etwas eingehendere Beschreibung der Wirkungsart der 
wichtigsten deutschen Gase und der schließlich eingeführten Schießverfahren gegeben 
worden, um deutlich zu machen, wie vielseitig die Kombinationen des Gaskrieges in 
Angriff und Abwehr waren. Wer Gas zweckmäßig verwenden oder abwehren wollte, 
durfte sich nicht mit dem Schlüsselwort Gas begnügen. Er mußte sorgfältig alle 
Bedingungen abwägen. Ls genügte nicht, im Angriff „Gas" zu fordern und in der 
Abwehr „Gas" zu melden. Gas war nicht gleich Gas. 
Gewiß komplizierte man durch die Neuerungen des Gaskrieges Taktik, Schie߬ 
technik und Munitionsversorgung in höchst unerwünschter Art. Das ständige Be¬ 
streben aller leitend Beteiligten ging daher immer wieder auf Vereinfachung. Aber 
es ist eben nicht einfach, komplizierte Dinge auf einen einfachen Nenner zu bringen. 
Man mußte sich schließlich mit dem Möglichen abfinden. 
Oie Höhezeit des deutschen artilleristischen Gasschießens 
Oie neuen deutschen artilleristischen Gase wurden erstmals in der Flandernschlacht 
im Sommer 1917 verwendet. Sehr viel Gas wurde dann im herbst 1917 in Flandern 
und vor Verdun verschossen. 
Die glänzendste Zeit des Artilleriegases aber rückte heran, als es zu den großen 
Angriffen im Jahre 1917 und 1918 verwendet wurde. 
Eine Art Vorbereitung bildeten die Angriffe in Rußland und Italien im Sommer 
und herbst 1917, in denen die theoretischen und praktischen Erkenntnisse für große 
Angriffe gewonnen und verbreitet wurden. Das Gas diente hier in richtiger Erkenntnis 
vorwiegend dazu, die feindliche Artillerie für die Zeit des Angriffs auszuschalten. 
Im Osten und in Italien war die Gasverwendung verhältnismäßig einfach. Der 
feindliche Gasschutz war unvollkommen, die Gasdisziplin schlecht. Grünkreuz genügte 
in der Hauptsache. Die Erfolge waren gut. 
Weit schwieriger war der Gasangriff im Vesten. Trotzdem beschloß man, bei den 
entscheidungsuchenden Angriffen des Jahres 1918 grundsätzlich Gas in großem Um¬ 
fang anzuwenden. 
Dieser Entschluß war möglich, weil das Verständnis für Gasverwendung in¬ 
zwischen allgemein sehr gestiegen war. Die Truppe forderte jetzt selbst Gas. Sie war 
nun so weit, einige Atemzüge eigenes Gas in Rauf zu nehmen. Dies war ja schließlich 
nur der Beweis, daß der Feind noch viel mehr abbekommen hatte.
	        
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