Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

246 Wilhelm Ehlers 
übernommen habe. Im übrigen umgab ein geheimnisvolles Dunkel das junge 
Unternehmen, das so Großes plante und gerade deshalb alle Ursache hatte, zu ver¬ 
hindern, daß Näheres über seinen Zweck der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. 
* 
Monate vergingen, ohne daß etwas über Zweck und Ziel der Deutschen Gzean- 
Reederei noch über ihre Tätigkeit nach außen hin verlautete. Oer Lau der Boote 
schritt unterdessen rüstig voran. Zm Februar 1916 war das erste Boot seinem Element 
in Niel übergeben worden und auf den Namen „Deutschland" getauft. Im Mär; 
erhielt es seine Besatzung. Im April begannen die Probefahrten. Tag für Tag ging 
es hinaus in die Gstsee vor die Kieler Föhrde, hinab in die Tiefe. Bei jedem Wetter 
und bei jeder Gelegenheit wurde geübt. Zeder Mann der Besatzung war sich seiner 
Aufgabe bewußt. „Es galt die Fähigkeit zu erwerben" — so schreibt Kapitän König in 
seinem vielgelesenen U-Veutschland-Buch —, „das feinste und komplizierteste Fahrzeug 
zu lenken, das letzte Erzeugnis raffinierter und kühner Berechnungen; es galt, das 
ausgeklügelte Wunderwerk moderner Schiffbaukunst, ein Unterseeboot kennen 
und beherrschen zu lernen. Wir mutzten imstande sein, der schweren Masse von nahezu 
2000 Tonnen unseren Willen aufzuzwingen, daß sie dem geringsten Druck der Ruder 
gehorchte, daß sie drehte und manövrierte wie ein Torpedoboot, daß sie im Wasser 
stieg und sank wie ein Lenkballon in der Luft. Es galt die Zuverlässigkeit des unge¬ 
fügen Schiffskörpers zu erforschen, die Wucht und die Lenkbarkeit seiner gewaltigen 
Maschinen zu erproben, seinen Unvollkommenheiten oder Tücken auf die Spur zu 
kommen, ihm die Geheimnisse seiner Beweglichkeit und seiner phantastischen Fisch¬ 
natur zu entlocken." 
So ging es wochenlang. Dann begann die Beladung mit kostbaren Farbstoffen 
und Medikamenten; Proviant für die Reise wurde übernommen, das Schiff 
nochmals überholt und in sorgfältigsten Trimm gebracht und die letzten Maßnahmen 
für die Ausreise getroffen. Still und unbemerkt von der Welt trat die „Deutschland", 
das erste Handels-Tauchschiff der Welt, für das es keine Blockade gab, am 
14. Zuni seine erste denkwürdige Reise nach Amerika an. 
* 
„Man soll nichts für unmöglich erklären", hatte am 23. Mai 1916 ein von Deutsch¬ 
land in New park eingetroffener Reisender der „New Parker Staatszeitung" ver¬ 
sichert, als zum ersten Male jenseits des Gzeans gerüchtweise von der bevorstehenden 
Ankunft eines deutschen U-Bootes in Amerika die Rede war. „Zn diesem Kriege sind 
so viele vorher für unmöglich gehaltene Dinge zur Wirklichkeit geworden, daß man 
von den Deutschen .Einiges' erwarten kann." — Oer Gang der Dinge hat ihm recht 
gegeben. Zener Reisende war offenbar besser unterrichtet als alle diejenigen, die an 
„Seeschlangengeschichten" glaubten und vermeinten, ein in einer New Parker Tages¬ 
zeitung veröffentlichtes halbseitiges Inserat der Transatlanti c Trust Eompang, 
welches auf die Gelegenheit hinwies, mit einem in Baltimore zu erwartenden 
deutschen U-Boot ohne jegliche Gefahr Geld nach Deutschland und Österreich 
zu senden, als einen schlechten Scher; bezeichnen zu können. Während man sich 
drüben hierüber den Kopf zerbrach, hatte „U-Oeutschland" bereits zwei Drittel seiner
	        
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