Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Werner Beumelburg 
von den Vermächtnissen eines glänzenden Friedens und den Gütern einer gesegneten 
Jugendzeit dem Ansturm der neuen Ereignisse standgehalten hätte, so würde die 
Verzweiflung um sich gegriffen haben wie eine ansteckende Krankheit. Wäre aber 
Gelegenheit gewesen, zu fragen, was denn an die Stelle der eingestürzten Begriffe 
getreten sei — denn es mußte doch etwas sein, was den Menschen befähigte, immer 
wieder sich den Ereignissen zu unterwerfen und durch ihre Überwindung Herr über 
sie zu werden —, so hätte kaum einer es fertiggebracht, das Unbewußte mit Worten 
zu formen oder gar eine Ordnung darin zu finden. Venn dies ist das tiefste Wunder 
des Krieges und die Offenbarung des Sinnes, der in den Opfern lag, daß die ethischen 
Werte seines Erlebnisses und seine zeugende Kraft erst sichtbar und meßbar wurden, 
als sie verloren, vertan und vergessen schienen. 
Der unbekannte deutsche Soldat nahm viereinhalb Jahre lang unbewußte Kräfte 
in sich auf, die er erst dann erkannte, als sie aufs äußerste gefährdet und fast schon 
verloren schienen, vaß diese Kräfte aber in ihm ruhten als Urgrund seines Wesens 
und als stummes Vermächtnis der Toten, dies schuf die Voraussetzung einer Wieder¬ 
auferstehung, die nun, im Erlebnis des Krieges fußend, den weg öffnete zu einer 
ganz neuen Betrachtung und Gestaltung des völkischen Vaseins. Wir handelten nicht 
so, wie wir heute handeln, wenn wir den Krieg nicht erlebt hätten, wir bekennen 
uns zu diesem Grund unseres Wesens nicht im Sinne eines Vorzugs, den wir vor 
andern voraus hätten, und wir glauben zuversichtlich, daß spätere Geschlechter, wenn 
es das Schicksal fordern sollte, mit besserem geistigen und völkischen Rüstzeug aus¬ 
gestattet sein werden als wir. Was wir getan haben, war nichts als Pflicht, die sich 
aus dem harten Zwang der Ereignisse ergab. Es steht uns nicht an, mehr darüber 
zu sprechen, als denen, die nach uns kommen, gut und nützlich sein wird zu wissen. 
Vie Tugenden des Soldaten 
Wenn es das Ideal und der Gipfel aller männlichen Erziehung ist, seine Pflicht 
zu erfüllen aus Selbstverständlichkeit und nicht nach dem Lohn zu fragen, so ist der 
unbekannte deutsche Soldat die Erfüllung dieses Ideals, wenn es den Soldaten 
ehrt, aus der inneren Bescheidenheit seiner Haltung heraus mehr zu sein als zu 
scheinen, so gaben die Schlachtfelder in dieser Ehre die gründlichste Unterweisung, 
denn auf ihnen galt der Schein nichts, das Sein alles. Wenn es zum neuen deutschen 
Lebensgrundsatz und zum Maßstab der Bewertung des einzelnen geworden ist, den 
Menschen danach zu beurteilen, wie er sich als Kamerad dem Kameraden gegenüber 
erweist, so hat dieser Grundsatz im Weltkrieg seinen Ursprung gefunden. In ihm ist 
er zum Allgemeingut geworden. Wenn wir den deutschen Sozialismus nicht mehr 
als den Kampf der Klassen untereinander und gegeneinander begreifen, sondern als 
die Vurchtränkung unseres gesamten Lebens in allen seinen Zormen mit dem be¬ 
herrschenden Grundsatz der Gemeinschaft, so springt auch der Ouell dieser Erkenntnis 
auf den Schlachtfeldern, denn es gab auf ihnen keine Handlung eines einzelnen, die 
nicht zum Nutzen der Gemeinschaft geschah. Was anders denn hätte den Soldaten 
von 1917 und 1918 noch befähigen können, seine Pflicht zu tun, wenn ihn nicht das 
Bewußtsein getragen hätte, daß er vor den hundertlausenden seiner Kameraden in 
der §ront nichts voraus habe und daß ein jeder die Verantwortung trage für die 
andern!
	        
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