Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

122 
Larl Herrmann 
„Sarfas", habe der Dolmetscher gesagt, „du bist ein Esel; wenn du weiterhin nach 
Ausflüchten suchst, stellt du dich selbst vor die Gewehre. Du mutzt sagen, du habest 
das Geld von einem unbekannten Deutschen bekommen, um damit nach 
Paris zu gehen. Da du aber ein Freund Frankreichs seiest, so habest du jenem deutschen 
Individuum sein Geld abgenommen und den Kerl ohne jede Nachricht sitzengelassen. 
Du seiest bereit, nach Ungarn zurückzukehren. Du mutzt immer etwas sagen, was 
Wahrheit sein kann. Dann riskierst du höchstens ein Konzentrationslager» 
während im andern Fall du den Pfahl riskierst. — Im übrigen, verrat' mich nicht; 
verstanden?" 
In diesem Fall waren also zwei Spione im Gerichtssaal: ein kleiner 
und ein großer. 
Oberst Nicolai erzählt einmal von einem russischen Juden, der auf dem öst¬ 
lichen Kriegsschauplatz einer Anzahl von Überläufern als Führer in die deutschen 
Linien gedient haben soll. Man stellte ihm für die Folge eine Kopfprämie in Aussicht 
für jeden bewaffneten Russen, den er herüberbringe. Man glaubte, den Ge- 
schäftseifer des Juden anzuspornen. Er brachte in der Tat auch schon wenige Tage 
nachher wieder eine größere Anzahl von Russen herüber. Aber die Prämie, die 
ihm versprochen war, nahm er nicht an. Dazu war er zu vornehm. „Ich danke 
schön", sagteer, „die Russen haben schon bezahlt." 
* 
Ooppelspieler hat es auf dem Gebiete des Verrats und der Erkundung 
genug gegeben. Wehr als genug. Zur Berühmtheit hat es bereits gebracht der 
nunmehrige französische Staatsrat Waeglö, der als Polizeikommissar Waegele 
im deutschen Großen Hauptquartier den ganzen Krieg lang „gearbeitet" hat. 
Ghne daß darüber etwas Bestimmtes ans Tageslicht gekommen wäre, kann ange¬ 
nommen werden, daß seine Tätigkeit in der Hauptsache darin bestand, die Erfolge 
der Geheimen Feldpolizei zu kontrollieren und sie dem französischen 
Nachrichtendienst in die Hände zu spielen. Daneben war er wohl damit beauf¬ 
tragt, die Tätigkeit der zahlreichen elsaß-lothringischen Beamten der Ge¬ 
heimen Feldpolizei an der ganzen Westfront zu beobachten. Diese haben 
nämlich die einzelnen Untersuchungen in der gleichen Weise zu sabotieren verstanden, 
wie es dem französischen Dolmetscher und Gerichtsschreiber Deltour in dem erwähnten 
Falle Farkas nachgesagt wird. Sie „erleichterten" die Vernehmungen der Beschuldigten 
durch ihre „besonderen Sprachkenntnisse" und „Übersetzungskunst"h. 
* 
Einem voppelagenten schlimmster Art — er nannte sich damals vurant — 
ist im Frühjahr 1918 ein belgischer Kundschafter großen Stils, der Jesuiten- 
pater Henri Philippart in Tournai, zum Gpfer gefallen, und mit ihm nicht 
weniger als 49 andere Belgier und Franzosen männlichen und weib¬ 
lichen Geschlechts. 
„vurant" richtete im Auftrag des englischen Dienstes Spionage¬ 
organisationen hinter den deutschen Linien ein. Wenn sie eine Zeitlang ge- 
*) Sabotagefälle solcher Art sind ausführlich geschildert bei Herrmann, Geheimkrieg, han¬ 
seatische Verlagsanstalt Hamburg, 1930, 6.—8. Tsd., S. 98 ff.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.