Auch zu Beginn des Kriegs hier noch das Versagen der Büro¬
kratie!
„Der deutsche Abwehrdienst", schreibt Oberstleutnant Nicolai, „fand
erhebliche Schwierigkeiten. So kam es, daß er erst einsetzen konnte, als
der Schaden geschehen war! Erst da gelang es, die allgemeine Sorg¬
losigkeit der verantwortlichen Behörden wachzurütteln. In Deutschland
waren die militärischen Notwendigkeiten von Anfang an gegen behörd¬
liche Widerstände nicht nur durchzusetzen, sondern das Bestehende gegen
Angriffe von Behörden zu verteidigen."
Immerhin wurde jetzt kräftig durchgegriffen. In den ersten 3 Kriegs¬
jahren wurden 273 Landes- und Kriegsverräter — darunter 189
Deutsche! — überführt, 21 von ihnen, darunter 8 Lothringer, hin¬
gerichtet. 9 Millionen Postsendungen wurden monatlich geprüft und in
1700 von ihnen Nachrichten in Geheimschrift gefunden. 1785 als deut¬
sche Feldgraue verkleidete Spione, darunter 384 in Offiziersuniform,
wurden allein in Berlin festgenommen!
Nichtgentlemen — und doch hatte auch dieser unterirdische Krieg seine
Helden, die um der Sache willen kämpften und für ihr Vaterland
starben!
So halfen uns, wo sie konnten, im Krieg die Iren, in der
Hoffnung auf die Unabhängigkeit ihrer grünen Insel.
Ein irischer Edelmann verrichtete den gefährlichen Verkehr über den
Kanal. Er war öfters während des Kriegs in Deutschland. Die Eng¬
länder klappten ihn ab. Sir Roger Easement ging für seine Hei- geb. 1864,
mat in den Tod. standrechtlich
Und Deutsche selber! Es gibt ein Wort: „Die da reden, wiffen nicht. 10*^1^1916
Und die da wissen, reden nicht!" Über manche Dinge darf man auch ' 1
heute noch nicht, vielleicht niemals, reden. Genug! Wir hatten bei Aus¬
bruch des Krieges 4 Gentlemen-Spione erster Klasse drüben in Eng¬
land, die um der Sache willen für Deutschland wirkten. Manches, was
geschah, verdanken wir ihnen. Einen unter ihnen ereilte das Geschick.
Aufrecht, als deutscher Mann, fiel Oberleutnant zur See d. R. Karl ^rsckoffen^
. HansLodyim Tower in London, unter Pulver und Blei der Briten. 6. Nov. 1914
Bei den Engländern, zur Nationalmärtyrerin verklärt, Edith
C a v e l l. Sie war Krankenpflegerin in dem von Deutschen besetzten 1866—1916
Belgien. Sie verhalf ständig jungen dienstpflichtigen Belgiern nachts von
einem Drahtverhau über das Dach eines Bauernhauses hinweg zur
Flucht zu den Heeren der Entente. Sie wurde standrechtlich erschossen.
Nurse Eavells Name ging, dank britischer Pressepropaganda, über die
ganze Erde. Ein Nationalgedenktag die Trauerfeier um sie in St. Pauls
in London, wo die englischen Herzoginnen zwischen Tausenden von Kran¬
kenschwestern knieten und der Bischof von London kriegsblinde Offiziere
zum Gebet für Miß Eavells Seele geleitete.
Und wieder für Deutschland oder im Dienst Deutschlands — ganz klar
ist es nicht — die malaiische Tänzerin M a t a Hart („das Auge des
Tages"), eigentlich aus Holland, vielleicht, nach ihrem Äußeren — sie
war nicht mehr ganz jung — von javanischem Halbblut. Sie lebte
während des Kriegs in Paris. Dort haben die Franzosen sie hin¬
gerichtet.
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