Volltext: Der Weltkrieg

Soldatenräte den Muschik in Waffen: „Das Frontmachen und die obli¬ 
gatorische Ehrenbezeugung vor Vorgesetzten außerhalb des Dienstes ist 
aufgehoben." Die Anrede der Offiziere mit „Euer Exzellenz", „Euer 
Wohlgeboren" usw. ist abgeschafft. 
Eine weitere Weisung der selbstherrlichen Soldatenräte: „Es muß 16. März 1917 
Geduld geübt und unbedeutende Verstöße gegen die Demokratie solcher 
Offiziere vergessen werden, die sich dem entscheidenden Kampf ange¬ 
schlossen haben." 
Am selben Tag, im Sturmlauf gegen die Disziplin, ein Erlaß der 
Provisorischen Regierung: „Sofortige Vollamnestie für alle Militär- 
aufstände." 
Zugleich der „Befehl Nr. 1": „Waffen sind den Offizieren unter keinen 15. März 1917 
Umständen auszuliefern!" 
Dieser Befehl Nr. 1 wird durch einen Befehl Nr. 2 berichtigt, beide 18. März 1917 
Befehle durch einen Befehl Nr. 3 wieder aufgehoben. Die Verwirrung 20. März 1917 
steigt! Der Abgeordnete Ianuschkewitsch erkundet im Auftrag der Duma 
die Stimmung der Front und meldet wörtlich: 36. März 1917 
„Die Militärmustk spielte, große Menschenmassen waren zusammen¬ 
gekommen. Man begrüßte uns. Wir hielten Reden. Es gab auch einige 
Zwischenfälle. Dabei wurde der Kommandant des Sumfkiregiments ge¬ 
tötet. Unter anderem hatten wir den Befehl Gutfchkows über die höf¬ 
lichen Umgangsformen im Heer in Händen. Man empfing uns überall 
außerordentlich feierlich. Allgemeine Schlußfolgerung: die Disziplin 
hält sich!" 
Tatsächlich werden in diesen Tagen bereits eine Menge Offiziere von 
ihren Untergebenen, zum Teil in greuelvoller Weife, ermordet, so in 
der Petersburger Gardekavallerie und bei den meuternden Matrosen, 
die den Flottenkommandanten von Kronstadt und den befehligenden 
Admiral in Helsingfors erschlagen. Viele andere Vorletzte werden in 
allen russischen Garnisonen unter Mißhandlungen von der Front ihrer 
Truppenteile verjagt oder verhaftet. 
Der Kriegsminister Gutschkow überläßt die Bürde seiner 
Würde dem bisherigen Iustizminister Kerenski. Dieser rede- 13.Mai 1917 
geübte Rechtsanwalt versteht zwar von der Armee soviel wie von 
der Marine, deren Ministerium er gleichzeitig auch übernimmt, 
nämlich nichts. Aber sein roter Stern im Kabinett der schwächlichen 
Mittelmänner ist in raschem Steigen. Er ist volkstümlich. Er ist 
sehr von sich überzeugt. Er gefällt sich öffentlich in den Lieblings¬ 
stellungen Bonapartes, mit gekreuzten Armen und Schlachtenblick, 
und wird „der kleine Napoleon" genannt, wie der zur Zeit 
mächtigste Mann Petersburgs, der britische Botschafter, „Zar 
Buchanan I." heißt. 
Der wirkliche Napoleonersaß des neuen Kriegsministers ist der 
bisherige Oberkommandant des Petersburger Wehrkreises, der aus 
österreichischer Gefangenschaft entwichene General Leo Kor- geb.i87o, gef. 
nil 0 w. Er soll die neue russische republikanische Dampfwalze im Kamp^ge- 
wider den Westen ins Rollen bringen! gen die Vol- 
' ^ schewiken 1918 
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