Volltext: Der Weltkrieg

„unbekannten Soldaten". Daheim hat Deutschland die „unbekannte 
Frau" — die namenlose Heldin des Weltkriegs. 
Die Frau, die sich über Nacht wirtschaftlich und geistig auf sich selbst 
gestellt sieht. Sie trägt plötzlich zur Sorge für die Familie auch noch 
die Berufspflicht dessen, der sie bisher im Leben betreute und führte . . . 
der, wenn er abends heimkam, vielleicht gar nicht gern von seinen 
Geschäften sprach. Es ist erstaunlich, wie schnell manche Frauen aller 
Stände ihre Begabung für die Wirklichkeit draußen entdeckten und sich 
in Fachfragen, Behördenverkehr, Umgang mit Menschen hineinarbeiteten. 
Manche helle Köpfe zwinkerten sich vielleicht sogar vielsagend zu: „Es 
ist gar nicht so furchtbar schwer, wie sich die Männer immer angestellt 
haben!" Und es ist doch sehr schwer in schwerer Zeit. Und deren Probe 
haben die deutschen Frauen im Krieg bestanden. 
„Und wehret den Knaben!" 
Da sah sich schon im Frieden die Mutter am Ende ihrer Macht, wenn 
die Sprößlinge die Flegeljahre erreichten. Da tat der Vater oder der 
Erzieher not. Die fehlten nun. Und mählich rückte, um die Mitte des 
Krieges, ein teilweise zuchtloser Jahrgang nach. Noch sind diese jetzt 
15- oder 16jährigen nicht wehrpflichtig. Aber sie bilden eine kommende 
Gefahr. Sie arbeiten als Lehrlinge in den Munitionsfabriken oder über 
Tag im Bergbau und werden von dem Marxismus verseucht. Sie gehen 
auf den Bürgersteigen der Städte niemandem aus dem Weg und sind 
ganz verblüfft, wenn sie einmal von einem Heimaturlauber eins hinter 
die Löffel kriegen. Mit ihnen kommt, im letzten Kriegsjahr, jener den 
Lebensnerv des Krieges gefährdende Nachschub angehender junger 
Novemberlinge an die Front, die den pflichtstillen Heerbann der Vete¬ 
ranen draußen mit dem Geheul „Streikbrecher!" begrüßen. 
Die Nerven der Frau im Krieg, die draußen ihr Liebstes wußte! 
4 lange Jahre Tag und Nacht um den Mann, den Sohn, den 
Bruder, den Vater bangen! Jeden Augenblick, Hunderte von 
Tagen, mehr als tausend Tage, auf den furchtbaren Feldpostbrief 
gefaßt sein, der die Todesnachricht bringt! Und dabei die Kinder 
erziehen, die laufenden Geschäfte besorgen, Schlange stehen — wo¬ 
möglich andere trösten — wahrlich: diese Millionen von Kämpfe¬ 
rinnen der Heimat tragen keine Schuld, daß das Kriegsglück sich 
von Deutschland wandte. Das liegt an denen, die in Deutschland 
im trüben Sinn des Worts „alte Weiber" waren, aber nicht an 
den Frauen und nicht an der Front. 
Und vor allem nicht an der deutschen Frau als Gattin und 
Mutter, die ihren Mann und ihre Söhne an der Front wußte . . . 
und verlor . . . und die ihr Schicksal oft mit einer wahrhaft spar¬ 
tanischen Größe, mit einem gläubigen Aufblick zum Vaterland, 
trug. Der deutschen Gattin und Mutter, der unbekannten Heldin 
des Krieges, sei in Ehrfurcht gedacht. 
205
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.