516 Der Feldjug geg
Mit dem Erreichen von Eacak berührte die 3. Armee die
Golijska Morava, die Grenze des zweiten großen Abschnittes
ihres Vorrückuugsraumes. Berührte sie, sagten wir, denn
obwohl sie an dieser Stelle sogar überschritten wurde, war sie
trotzdem noch nicht völlig erreicht, weil ja der Großteil der
Armee, der bis zu dem in nordwest-südöstlicher Richtung
laufenden Fluß einen weiteren Weg hatte, als ihn ihr rechter,
der östliche Flügel hinterlegt hatte, noch einige Kilometer
von dieser Grenze entfernt stand. Da damit zu rechnen war,
daß die Serben noch harten Widerstand leisten werden, so
schloß man nicht fehl, daß es noch einiger Tage bedürfen
werde, bis die Armee mit allen ihren Teilen an das Ufer des
Flusses gelange. Dieses galt als ihr vorläufiges Hauptziel,
wobei als Trennungslinie zwischen ihr und der nachbar-
lichen deutschen Armee, anknüpfend an ihr bisheriges Ende
am Westrand von Kragujevac, jene über Strazara,
Guvniste, Dulen, Nadrlje, Höhen 769 und 908, Panjak,
Morava festgesetzt wurde.
Am 2. November ging es, wie vorauszusehen war, auf
der Front der 3. Armee wieder schärfer zu. Stunde um
Stunde — und wie Sonnenschein mit Regenschauern in
diesen wechselte, so gab es auch im Ringen des Tages für die
Armee helle und trübe Stunden. Zu den trüben zählten
beim VIII. Korps jene am Nachmittag aufder Lipa, aufdem
Cigansko polje und vor Erdec. Doch dank seiner Ausdauer
wurde ihm die Abendstunde wieder hell: geworfen war der
Feind, das Korps war wieder Herr der Lage und setzte sich
von der Höhe 357 südlich Erdec an über Dragobraöa bis zur
Kragujevac—Kraljevostraße und entlang dieser bis zu ihrer
Gabelung auf der Höhe 288 fest.
Beim XXII. Reservekorps war die Morgenstunde voll
sonnigen Glückes. Früh am Wege, überraschte seine an das
viii. Korps anschließende 43.Reservedivision den Feind
bei Slepak im Biwak und nahm ihm über 300Gefangene,
4 Geschütze und viel sonstiges Kriegsgerät ab. Seine Ver-
suche, ihr die Beute wieder abzujagen, mißlangen; ja er holte
sich nur noch eine Niederlage mehr. Dann aber, als die
Division den Zurückgeschlagenen nachfolgte, setzten für sie
die trüben Stunden ein, denn sie vermochte um keinen Preis
die Serben von der Ostra glava hinabzuwerfen.
Die mittlere Division des Reservekorps, die 44., kam an
diesem Tag — zwar nicht durch den Feind, sondern durch
Mühsale aller Art aufgehalten — bloß bis Bumbarevo brdo,
während die 26. Infanteriedivision flott bis vor Tavnik vor-
gerückt war, dort aber von starkem Feind aufgehalten wurde.
Auch das XIX. Korps bekam eine harte Nuß zu knacken.
Vorerst meldete sich südwestlich von Eacak, von Bijelo brdo,
der Jankovina und der Gradina her, starke feindliche Artil-
lerie, der die in Eacak stehenden 10. Gebirgs- und 20. Land-
sturmgebirgsbrigade nichts gegenüberzustellen hatten. Bis--
her war nämlich noch nicht einmal ihre leichtbewegliche
Gebirgs-, geschweige denn die schwerbeladene fahrende
Artillerie über die teilweise zerstörten Moravabrücken herüber-
gebracht worden. Sofort rückten zwei Bataillone auf der
südwestlichen Straße bis zur Höhe 466, ein halbes Bataillon
auf der südöstlichen bis zur Trnovska mehana, hinter der
es ebenfalls zu grollen begonnen, vor. Wohl brachten die
Geschoße der Infanterie die Geschütze nicht zum Schweigen,
legten ihnen aber immerhin ein gewisses Maß der Zurück-
Haltung auf. Später, als es an der Zeit schien, den Serben
näher und schärfer an den Leib zu rücken, brach die ganze
20. Landsturmgebirgsbrigade über die Mehana gegen
Zablaöe vor. Doch die Zeichen hatten getrogen; es war zu
Serbien 1915/16.
früh, und die Brigade mußte auf die Höhe Ornicina und
ins anschließende Gelände beiderseits der Straße und Bahn
zurückgehen, behielt aber mit der rechts und links der süd-
westlichen Straße gegen 4 serbische und ? montenegrinische
Bataillone kämpfenden 10. Gebirgsbrigade die Verbindung.
Von den übrigen Heereskörpern des Korps war die 21. Land-
sturmbrigade in, die 17. Gebirgsbrigade knapp nördlich
Eacak eingetroffen, die Brigade Schwarz und die 205.
Landsturmbrigade standen noch rückwärts zunächst den
Korpsfassungsstellen.
Nach den schweren Kämpfen beim diesseits der Morava
stehenden Großteil der 3. Armee brachte ihm die Nacht Ruhe.
So konnten dann am Morgen des 3. November seine Truppen
ihr mühsames Werk mit voller Kraft fortsetzen. Jene des
VIII. Korps warfen die Nachhuten des zurückweichenden
Feindes von der Stolica, der Lipnicka glavica und vom
Bojov tor hinab und erreichten um 2 Uhr nachmittags
Zestin, Golo brdo und Trnjine, deren Nachbar, die Strazara,
der rechte Flügel des III. Korps der deutschen u. Armee
genommen hatte. Weiter vorrückend gelangten die Vor-
trnppen des Viii. Korps, ohne ferner auf nennenswerten
Widerstand zu stoßen, bis zum Abend auf die Höhen Vrbeta
und Veliki vrh und hinter den Ort Tresnjevak.
Beim xxii. Reservekorps schlug heute ebenfalls der Wind
nach günstigerer Seite um. Seine 43. Reservedivision er-
stürmte am Vormittag die tags zuvor vergeblich angegriffene
Ostra glava, nahm zugleich den halsstarrig verteidigten Ort
Balosave und schob ihre Vortruppen bis Zakuta und Golo
brdo vor. Die 44. Reservedivision legte vorerst eine neue
Probe ihrer Kraft auf dem TomaZevac und bei Gornji Kraj
ab, um dann dem Feinde, ungeachtet seines zähen Wider-
standes, die Kamenita- und die Rakljata kosa zu entreißen.
Nicht mindere Kraft bewies die 26. Infanteriedivision, als
sie einem äußerst heftigen Gegenangriff mit ebensolchem
Gegenstoß begegnete und ihn abschlug. Indes, den auf den
Höhen bei Tavnik und Voljvaca festgeklammerten Feind
vermochte sie nicht hinabzuwerfen.
Der rechte, jenseits der Morava stehende Flügel der Armee
hatte sich keiner Nachtruhe zu erfreuen gehabt. Drei, wahr-
scheinlich sogar 4 Regimenter, Serben und Montenegriner,
versuchten sich dort in Angriff auf Angriff aus südlicher
und südostlicher Richtung gegen die nicht wankende Linie
der beiden Brigaden des XIX. Korps. Der Morgen brachte
dann einen jähen Wechsel: die Angegriffenen griffen ihrer-
seits an, die 20. Landsturmbrigade in der Richtung auf die
Trnavska mehana und Baluga, die 10. Gebirgsbrigade,
der sich die über Eacak herangekommene 17. Gebirgsbrigade
links anschloß, gegen die Jankovini. Leicht fiel es der 10.
und 17. Gebirgsbrigade beileibe nicht, den Angriff die Höhen
hinanzutragen, aber die Mühe wurde belohnt: um 5 Uhr
nachmittags war die Jankovina, der Sattel zwischen den
Höhen 679 und 759 und die Höhe 532 in ihrem Besitz. Nicht
so reichlich wurde der 20. Landsturmgebirgsbrigade der ver-
diente Lohn zuteil. Wohl drang sie über ihr erstes Ziel hinaus,
doch dann mußte sowohl sie als auch die südlich der Eukara
eingesetzte 21. Landsturmbrigade vor überlegenem Feind zurück;
diese auf die Eukara, jene auf die Ornicina, von der aus sie
sich bis zur Morava ausbreitete. Von den übrigen Heeres-
körpern des Korps traf die Brigade Schwarz in und bei
Cacak ein, die 205. Landsturmbrigade bereitete sich vor, über
Dobriuja nach PoZega zu marschieren, um dort—wovon noch
die Rede sein wird — mit anderen Heereskörpern eine neue
Gruppe unterm Kommando des GM. v. R e i n ö h l zu bilden.