Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

436 Seekrieg 
Kreuzergeschwader in Ostasien gehörte, kommandiert. Burg- 
graf zuDohna-Schlodien war am 7. April 1896 in 
die Marine eingetreten und am 7. Februar 1914 zum Kor-- 
vettenkapitän befördert worden. Er war 36 Jahre alt. 
Die Fahrt des Burggrafen zuDohna-Schlodien 
durch die Atlantis mitten zwischen Feindesflotten, gesucht 
von mächtigen feindlichen Spähern, an den Höhlen des 
britischen Seelöwen vorüber, und glücklich wieder heim, nach 
Deutschland, das Schiff beladen mit Siegeszeichen, diese 
Tat wird für Hunderte von Jahren in der Phantasie von 
Kindern und Kindeskindern leben. Neben den Helden der 
„Emden II"verdienen die der „Möwe" den Preis der 
verwegensten Fahrt aller Zeiten. 
Die zweite unangenehme Überraschung für Deutschlands 
Seegegner bildeten die Erfolge des Hilfskreuzers „G r e i f", 
der lange Zeit in der Irischen See und westlich von Holland auf 
Handelsschiffe mit Bannware Jagd gemacht hatte. 
Schließlich wurde er am 29. Februar 1915 in der nörd- 
lichen Nordsee in ein Gefecht mit überlegenen englischen 
Seestreitkräften verwickelt, wobei die deutsche Bemannung 
das Schiff selbst in die Luft sprengte, nachdem es zuvor 
gelungen war, den britischen Zerstörer „M e d u s a" schwer 
zu beschädigen und den britischen Hilfskreuzer „A l c a n t a r a" 
von 15 850 Tonnen zum Sinken zu bringen. 
Wenn jemand vor diesem Krieg behauptet hätte, daß 
sich ein Hilfskreuzer, also ein als Handelsschiff gebautes, 
im Kriege nur für Kaperzwecke ausgerüstetes Fahrzeug, mit 
vier Kriegsschiffen in ein Gefecht einlassen und dabei einen 
mächtig armierten 15000 Tonnen Kreuzer vernichten könne, 
den würde man für einen Phantasten gehalten haben. Was 
inmitten der gewaltigen technischen Entwicklung des Kriegs-- 
schiffbaues, angesichts der gigantischen Bewaffnung der 
Fahrzeuge einer modernen Kriegsflotte romanhaft und 
unmöglich erschien, war nun zur Tatsache geworden. 
Später gelangten amtliche deutsche Angaben zur Wer-- 
öffentlichung, aus welchen die Resultate des deutschen Handels- 
krieges eine interessante Beleuchtung erfuhren. 
Durch deutsche Kreuzer und Hilfskreuzer sind im Aus- 
lande aufgebracht und versenkt worden: 
und zwar durch die Kreuzer: 
Emden 17 Schiffe mit 73 895 Tonnen 
Karlsruhe 17 „ „ 76609 „ 
Dresden 5 „ „ 16 080 „ 
Leipzig . 3 „ „ 12149 „ 
Königsberg 1 „ „ 6 800 „ 
dann durch die Hilfskreuzer: 
Kaiser Wilhelm d. Große 2 „ „ 10 458 „ 
Kronprinz Wilhelm • • 13 „ „ 53 659 „ 
Pr. Eitel Friedrich . . 10 „ „ 30049 „ 
Möwe • • 15 „ „ 57 746 „ 
Im ganzen somit 83 Schiffe mit 337 445 Tonnen 
Davon waren englisch . 70 Schiffe mit 293 175 Tonnen 
französisch. 10 „ „ 35105 „ 
russisch - - 2 ,, „4 837 ,, 
belgisch • • 1 ,, ,, 4 328 ,, 
Durch Unterseeboote, Minen und sonstige Kriegsunfälle 
sind vernichtet worden: 
621 Handelsschiffe mit zusammen ... 1758 500 Tonnen 
433 Fischerfahrzeuge mit zusammen - • 399 529 „ 
im ganzen 1054 Schiffe mit zusammen 2 158 029 Tonnen 
darunter 847 englische Schiffe, mit zus. 1758 500 Tonnen 
und 98 französische Schiffe, mit zus. 194 389 „ 
1915/16. 
Hiezu sei noch bemerkt, daß letztere Zusammenstellung nur 
die bekannt gewordenen, in der Presse genannten Handels- 
schiffverluste enthält; es ist aber außerdem eine große Zahl 
weiterer Handelsschiffe verloren gegangen, die nicht bekannt 
gegeben wurden. Die Staaten des Vierverbandes hatten 
demnach seit Kriegsbeginn bis Ende Mai 1916 ^37 Schiffe 
mit zusammen 2,495 474 Registertonnen verloren. 
Die Schiffsverluste der neutralen Staaten gestalten sich 
folgendermaßen: Norwegen 166000, Holland 87000, 
Schweden 47000, Dänemark 41000, Spanien 24000, 
Griechenland 23 000, Nordamerika 13 000 und Brasilien 
2000 Bruttoregistertonnen. 
Die Unfälle durch Seeminen traten hauptsächlich an 
der niederländischen Küste auf, was seine Ursache einesteils 
in der Lage unmittelbar neben den Brennpunkten des See- 
kriegs, und teils in den dort herrschenden Meeresströmungen 
gehabt haben dürfte. 
Natürlich mußte es auch auf deutscher Seite irgendwelche 
Verluste geben; so meldete der Admiralstab am 28. April 
aus Berlin, daß S. M. Unterseeboot „U 65" von seiner 
letzten Unternehmung nicht zurückgekehrt wäre, und laut 
amtlicher Bekanntmachung der britischen Admiralität am 
27. April vernichtet worden sei. 
Ferner hat ein englisches Unterseeboot, das angeblich 
die deutsche Kriegs flagge gehißt hatte, den 
deutschen Dampfer „Trawe" aus Lübeck, der zirka 1000 
Bruttoregistertonnen groß war, östlich von Kullen ver- 
senkt. Die Mannschaft wurde gerettet. Der deutsche Dampfer 
befand sich in schwedischen Gewässern, ging aber auf hohe 
See, als das Unterseeboot die deutsche Kriegsflagge hißte. 
Nach erfolgter Versenkung holte das Unterseeboot die 
Flagge nieder, und zeigte das englische Banner. 
Am 26. April hat ein deutsches Kreuzergeschwader 
Lowestoft und Great Uarmouth mit schweren 
Geschützen beschossen. Die deutschen Kriegsschiffe gaben 
dann auf die sich nähernden englischen Kriegsschiffe ein heftiges 
Feuer ab, und dampften nach Osten fort. Als der deutsche 
Admiral später bemerkte, daß die britischen Streitkräfte 
schwächer seien als seine eigenen, wendete er gegen sie und 
brachte ihnen schwere Schäden bei. 
Gelegentlich einer Erkundungsfahrt hatten 2 deutsche Tor- 
pedoboote nördlich Ostende am 8. Mai ein Gefecht mit 5 eng- 
lischen Zerstörern, wobei einer derselben schwer beschädigt 
wurde. Die Engländer waren somit zweieinhalbmal so stark 
wie die Deutschen; daß trotzdem ein so schöner Erfolg erzielt 
werden konnte, gibt dieser Waffentat eine besondere Bedeutung. 
Der englische Zerstörer „E d e n" erlitt in der Nacht vom 
20. Mai im Kanal einen Zusammenstoß und sank. 31 Mann 
retteten sich. Der Kapitän, 2 Offiziere und der Rest ertrank. 
Während dieser Zeit der wachsenden Erfolge im Klein- 
kriege, die durchaus nicht zu unterschätzen waren, sammelte 
die deutsche Hauptflotte alle ihre Kräfte zu dem großen 
Schlage, der endlich am 31. Mai die erste große Aktion 
zwischen den beiden Rivalen zur See bringen, sollte. 
Ganz unerwartet für die europäische Binnenwelt, durch- 
eilte die Welt am 1. Juni die Nachricht von dem glänzenden 
Erfolge der deutschen Flotte, der es beschieden war, gegen 
die englische Übermacht zu siegen, in der 
größten Seeschlacht der Kriegsgeschichte. 
Dem wachsenden Drucke der öffentlichen Meinung 
Rechnung tragend, verließ nämlich am 30. Mai 1915 die 
englische Flotte ihren Stützpunkt Scapa Flow auf den
	        
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