Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

420 Seekrieg 
Kreuzer und fünf Torpedojäger Durazzo, sie richteten 
aber nur unbedeutenden Schaden an. Von unseren und den 
verbündeten, auf einer Kreuzfahrt befindlichen Schiffen an-- 
gegriffen, wurden die österreichisch-ungarischen Torpedojäger 
„Trigla v" und „L i k a" versenkt. Die überlebende Be-- 
satzung der „L i k a" wurde gefangengenommen. Auch ein 
feindliches Flugzeug wurde von einem unserer Torpedojäger 
niedergeholt. Unsere Schiffe sind alle unversehrt zurückgekehrt." 
Diese Darstellung beweist drastisch, wie die offiziellen 
feindlichen Stelle» durch bewußte Fälschung der Tatsachen 
Vorfälle zur See zu glorreichen Erfolgen ihrer Flotten auf-- 
zubauschen versuchten. Denn offiziell mußte ohne jeden 
Zweifel der italienischen Regierung die von allen Funkens 
stationen des Mittelmeers abgehorchte, in offener italienischer 
Sprache abgegebene Depesche bekannt gewesen sein, die um 
%9 Uhr vormittags vom General Guerrini in Du-- 
razzo noch während des Bombardements abgegeben 
worden war, und die folgenden Wortlaut hatte: 
„5 Siluranti con incrociatore nemico, entrati in porto, 
bombardati 2 mercantili e citta con lievi danni. 2 torpe- 
dinieri urtate mine, una affondo, una immobilizzata, 
bombardamento continua. Generale Guerrini." (Fünf 
Torpedoeinheiten mit einem feindlichen Kreuzer sind in den 
Hafen eingedrungen und beschießen zwei Handelsschiffe 
und die Stadt, geringer Schaden. Zwei der Torpedoboote 
stießen auf Minen, eines sank, eines ist bewegungsunfähig. 
Beschießung dauert fort. General Guerrini.) 
Obwohl zu befürchten war, daß durch diese Depesche 
stark überlegene feindliche Kräfte herbeigerufen würden, 
wurde dennoch die Bergung des schwer beschädigten Fahr-- 
zeuges „Triglav" unsererseits versucht, und es konnte auch 
glücklich aus dem Minenfeld herausgebracht und in lang- 
samer Fahrt gegen Cattaro fortgeschleppt werden. Nach etwa 
drei Stunden kamen in Nordwest mehrere feindliche Kreuzer 
und Zerstörer in Sicht. Die Rettung des „T r i g l a v" war 
daher vollkommen ausgeschlossen. Das Fahrzeug, von dem 
das Wertvollste und Wichtigste geborgen war, mußte gesprengt 
und im sinkenden Zustande verlassen werden. Dann erst kamen 
sechs französische Zerstörer herbei und beschossen eine halbe 
Stunde später das schon halb gesunkene Wrack, während 
zwei Kreuzer, zu denen sich später »och zwei andere gesellten, 
die Verfolgung der seewärts ausweichenden „Helgoland" 
und der noch übrigen drei Fahrzeuge aufnahmen, denen 
nach längerem Feuergefecht auf große Distanzen erst nach 
Eintritt der Dunkelheit der Durchbruch nach Norden gelang. 
Zur Zeit meldeten Schweizer und Holländische Blätter 
über den Vormarsch der Italiener in Albanien: 
„Am 21. Dezember kamen die ersten italienischen Truppen 
aus Valona nach mehr als i5tägigem beschwerlichen 
Landmarsche in Durazzö an. Man erwartete, daß 
weitere Abteilungen, falls die Entsendung notwendig wäre, 
es leichter haben würden. Die nahen österreich--ungarischen 
Unterseeboote wurden gemeldet und gefürchtet. Hsterreichisch- 
ungarische Flieger, die bis dahin nur über Skutari kreuzten, 
kamen nun auch nach Durazzo und warfen Bomben ab. 
Die Italiener haben außerhalb ein Lager aufgeschlagen 
und sind mit der Wiederaufrichtung der völlig entmutigten 
und demoralisierten Serben beschäftigt." 
Tatsächlich hatten unsere Flieger in den letzten Wochen 
regste Tätigkeit entwickelt. Sie unternahmen kühne, ganz 
Montenegro, Nord-- und Mittelalbanien überspannende Er- 
kundigungsflüge, denn unsere Heeresleitung hatte ein Interesse 
daran, baldmöglichst festzustellen, wohin die Trümmer der 
1915/16. 
serbischen Armee dirigiert wurden und inwieweit der Feind von 
Italien her Zuschübe von Material und Verpflegung erhalte. 
Die Flieger überflogen Durazzo, Elbassan, 
Alessio und bombardierten mehrfach Skutari. 
Gleichzeitig lugten österreichisch--ungarische Flugboote scharf 
aus, ob nicht über die Adria von Italien her Zuzüge nach 
Albanien und Montenegro kämen. Bei dieser Seeaufklärung 
herrschte ein in-^es Zusammenwirken der Flugboote mit 
den Torpedoeinhe .:n,Unterseebooten und schnellen Kreuzern, 
das wertvolle Informationen ermöglichte. 
Auf Fliegernachrichten basierten auch die Operationen 
unserer Flotte zu Verhinderung größerer Zuschübe und die 
Beunruhigung der Hafenplätze an der vom Feinde besetzten 
albanesischen Küste. Es war mehrfach gelungen, Schiffe 
und Barken, teils durch Torpedos in den Grund zu bohren, 
teils durch Bombenwürfe zu zerstören. Speziell bei B u d u a 
wurden in jener Zeit mehrere Proviant führende Schiffe durch 
wohlgezielte Bombenwürfe zum Sinken gebracht. 
Noch größer war die moralische Wirkung, denn die Tätig- 
keit der Bombenwerfer und die Torpedierungen zwangen die 
Italiener zu größter Vorsicht und zum Verlegen ihrer Aus- 
schiffungspunkte bis zur südlichen Küste Albaniens. Besonders 
merkwürdig war dabei, daß zum Schutze dieser Unterneh- 
mungen in der Adria nur englische und französische Kriegs- 
schiffe erschienen,die italienische Flotte sich jedoch niemals zeigte. 
Als dann im Anschluß an die Lovkenerstürmung die Er- 
oberung Montenegros sowie die Waffenstreckung seiner ge- 
samten männlichen Bevölkerung erfolgte, da schienen auch 
die Voraussetzungen geschaffen, um an eine gründliche Pazi- 
fizierung Albaniens zu schreiten. Hiedurch gewannen die 
Seeoperationen gegen Budua, Durazzo und Alessio, 
San Giovanni diMedua und A n t i v a r i 
neue Impulse, und mit Macht setzte daher auch die Mit- 
Wirkung unserer Flotte ein, um dieses strategische Ziel raschestens 
erreichen zu helfe». Ehe auf diese Aktionen näher eingegangen 
wird, sei eine kurze geographische und hydrographische Skizze 
dieser ziemlich ressourceearmen Häfen vorangestellt. 
Die Gebirgsmauern, die den Hafen von E a t t a r 0 gegen 
Osten umsäumen, und deren höchstes Haupt der Lovken ist, 
ziehen sich gegen Süden in einem riesigen Walle längs des 
Adriaufers bis zu der Landnehrung, die den Skutarisee 
vom Meere trennt. Stellenweise tritt dieser Gebirgszug 
ganz nahe an das Meeresufer heran, nur unmittelbar südlich 
von Eattaro-Teod o, hinter der Bucht von Traste, 
ist den Bergen eine breitere ebene Landschaft gegen das 
Meer zu vorgelagert; es sind dies die fruchtbaren Felder 
der Flipa, die der Lovken überragt. Längs dieses Höhen- 
kamms zieht die dalmatische Grenze gegen Montenegro, 
so daß mit Ausnahme der breiten Zupa nur ein ganz schmaler 
Küstenstreif das österreichische Gebiet darstellt. Dieses lange 
Uferband, dessen äußerstes Ende die Ortschaft Spizza 
bezeichnet, war ganz von der höherliegenden montenegrini- 
schen Grenze aus beherrscht und wurde deshalb gleich zu 
Beginn des Krieges von den wenigen kleinen Garnisonen 
geräumt, die sonst hier jede Stunde von Einschließung be- 
droht gewesen wären. Auch Budua, das malerische 
Hafenstädtchen an der Südküste der Fupa, gehörte zu diesen 
Posten, von denen man sich vorübergehend zurückzog, bis die 
rechte Zeit gekommen war. 
Mit Aufnahme der Offensive gegen Montenegro 
hatte eine unserer Kolonnen die Aufgabe, auch Budua 
vom Feinde zu säubern und gleichzeitig den nordwärts des 
Städtchens sich erhebenden Bergkopf Maini Vrh zu
	        
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