Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Seekriegsereignisse außerhalb der Adria im Jahre 1915. 
Regierung stand auf dem Standpunkt, daß die Bürger 
neutraler Staaten durch die kriegerischen Ereignisse in ihrer 
Bewegungsfreiheit nicht gehindert werden dürfen. Sie ging 
hiebei so weit, daß sie in ihrer Note vom 10. Juni laufen- 
den Jahres die Beförderung von Kriegskonterbande auf der 
„Lusitania" für die Frage der Rechtszulässigkeit des von 
den deutschen Marinebehörden bei Versenkung des Schiffes 
angewandten Verfahrens als unerheblich bezeichnete. 
Lediglich Widerstand oder Fluchtversuch eines zur Durchsuchung 
angehaltenen Schiffes berechtigte ihrer Meinung nach zu feind- 
lichen Akten gegen Schiff und Ladung. Das deutsche Unter-- 
seeboot hätte daher die „L u s i t a n i a" anhalten und durch-- 
suchen sollen und erst dann, wenn das Vorhandensein von 
Kriegskonterbande konstatiert worden wäre, hätte es nach 
rechtzeitiger Bergung 
von Mannschaften und 
Passagieren den tod- 
bringenden Torpedo 
abfeuern dürfen. Das 
war der Kern der ame- 
rikanifchen Auffassung. 
Alles weitere über 
den Notenwechsel zwi-- 
schen den Vereinigten 
Staaten und Deutsch-- 
land findet sich in der 
Einleitung! 
Die Bilanz der 
deutschen U-Bootflotte 
seit dem mit 18. Fe-- 
bruari9i5begonnenen 
verschärften Vorgehen 
stellte sich nach amt 
lichen deutschen Quel 
len bis zum 25. Juli 
1915 wie folgt: 229 
englische, 30andere 
feindliche und 6 mit 
feindlichen verwechselte 
neutrale Schiffe ver- 
senkt. Außer diesen 
neutralen Schiffen sind 
weitere 27 neutrale 
Fahrzeuge von deut- 
schen Unterseebooten 
angehalten, untersucht, und wegen Führens von Bannware, 
da sie nicht eingebracht werden konnten, nach Prisenrecht ver-- 
senkt worden. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, 
daß außerdem 3 neutrale Schiffe von deutschen Unterseebooten 
infolge der Verwechslung angeschossen, aber nicht versenkt 
worden sind. Es sind also in allem um England herum 292 
Schiffe vernichtet worden, darunter 229 englische, somit nahezu 
dreimal so viele als britischerseits zugegeben worden war (83). 
Die Verluste der französischen Handelsflotte seit 
Beginn des deutschen Unterseebootskrieges wurden offiziell 
bis 1. Juli mit 34 Handelsschiffen, 18 Küstenfahrzeugen und 
16 anderen Fahrzeugen beziffert. Seit Beginn des Tauch-- 
bootkrieges wurden die französischen Handelsschiffe vom 
Kanal und der Nordsee ferngehalten, so daß die Verluste 
der Franzosen trotz dieser Vorsichtsmaßnahme bedeutende 
zu nennen sind. 
Indessen fuhr man in England fort, die Handelsschiffe 
zu armieren, was damit festgestellt erscheint, daß am 15. Juni 
Lord Robert Eecil im Unterhause auf eine Anfrage 
erwiderte, „die Regierung habe seit Beginn 
des Krieges verschiedenen Neutralen 
Mitteilung über die Bewaffnung von 
Handelsschiffen gemacht; bewaffnete britische 
Schiffe verkehrten regelmäßig mit verschiedenen Ländern". 
Um diese Zeit erhielt die Firma Smith, Boat and 
Engine Company in B a l t i m 0 r e von den Regierungen 
der Alliierten den Auftrag, Vorschläge für starke und schnelle 
armierte Motorboote zu unterbreiten, die zwei oder mehr 
leichte Kanonen tragen können und zur Jagd auf deutsche 
Unterseeboote verwendbar wären. England wollte eine 
Flottille von 100, Rußland eine solche von 30 bis 40 der-- 
artiger Boote einstellen. Diese Boote sollten imstande sein, 
50 Meilen in der 
Stunde zu fahren, 
und nun glaubte man 
der U-Boote Herr wer- 
den zu können. 
Es half aber auch 
all dieses nichts! 
An dem einen Tag 
sank ein 5000-Tonnen- 
Schiff (z. B. Mas- 
cara)im Weißen 
M e e r e, an dem an- 
deren 2, 3,4, je 6bis 
Tonnen große 
Dampfer (z. B.Jbe- 
rian)inderNord- 
s e e, und so ging es 
Tag für Tag weiter, 
Erfolg auf Erfolg zei- 
schritt die 
englische Admiralität 
daran, die britische 
Unterseebootsflotte zu 
verstärken. Nach den 
ersten großen Erfolgen 
der deutschen U-Boote 
hatte die englische Ad- 
miralität die ameri- 
kanische „Electric 
BootCompany" 
aufgefordert, nach deren Patenten Lieferungen von Unter- 
seebooten für die englische Marine zu übernehmen. Der 
Präsident hatte seinerzeit den Auftrag unter Hinweis auf 
die Neutralität der Vereinigten Staaten abgelehnt. Später 
überließ die amerikanische Gesellschaft ihre Patente einer 
englischen Schiffbauwerft, so baß diese Firma auf ihren An- 
lagen am Lorenzostrom den Bau der Boote beginnen konnte. 
Die amerikanische Firma machte bei dieser Auslegung der 
amerikanischen Neutralität ein glänzendes Geschäft, denn sie 
erhielt für die ersten zehn gelieferten U-Boote eine separate 
Provision von 2 Millionen Dollar. 
In Frankreich bemächtigte sich der Reederkreise bald 
große Unruhe, als sich die Versenkung französischer Schiffe 
durch deutsche Unterseeboote häufte. Namentlich die Torpe- 
dierungen im Ozean und im G 0 l fvon B i s k a y a bewiesen, 
daß die Tätigkeit der deutschen Unterseeboote durch die große 
Entfernung von ihrer Basis nicht beeinträchtigt worden sei. 
Interessant war um diese Zeit die Nachricht, daß der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.