Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

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dauernden kriegerischen Tätigkeit gab, in Polen die Russen, 
nachdem sie an der Bzura gründlich geschlagen, von der 
deutschen 9. Armee immer weiter nach Osten gedrängt 
wurden, bereitete sich auch am KarpatheuMgel eine Offen- 
sive vor, welche den Zweck hatte, der günstig fortschreitenden 
Aktion in Polen wirksam zu sekundieren. Zu diesem Zwecke 
und um die ostpreußische Offensive unter günstigen Vor- 
bedingungen einzuleiten, gab unser deutscher Verbündeter 
die Armee Linsingen an unsere Front in den Wald-- 
karpathen ab; ihre Versammlung war jedoch erst gegen 
Ende Januar, also nach Beginn der Offensive unserer 
bereits an Ort und Stelle befindlichen neugruppierten Kräfte 
vollendet. 
Unser Armeeoberkommandant FM. Erzherzog Fried- 
r i ch setzte für den 25. den Beginn des Vorrückens fest. 
Nur die gegen den Uzsokerpaß bestimmte Gruppe sollte um 
einen Tag früher beginnen. 
Doch auch die Russen entschlossen sich fast gleichzeitig 
zu einer Offensive, und zwar gegen die infolge der Terrain- 
konfiguration für sie günstigsten Angriffsstelle, die ein 
breites von mehreren guten Kommunikationen durchzogenes 
niederes Durchzugsgebiet umfassende Dukladepression. 
So begann ein langes Ringen in schweren hin und her 
wogenden Kämpfen, welche um so furchtbarer waren, als 
auch der Winter mit elementarer Gewalt einsetzte. Zuerst 
starke tagelang währende Schneefälle, dann langandauernde 
grimmige Kälte. Die Schneemassen beeinträchtigten stark 
die Operationen, da man oft nur schrittweise Raum ge- 
Winnen konnte. Eine Tagesleistung von 4 bis 5 Kilometern 
war häufig schon gut zu nennen. Viele versanken im Schnee 
und mußten erst ausgeschaufelt werden. Der Erfrierungs- 
tod forderte auch zahlreiche Opfer. 
Beginn der Offensive der Armee Boroevic. 
(2z.—27. Januar 1915.) 
Es wurden drei Gruppen bereitgestellt, und zwar: 
Am rechten Flügel FML. S z u r m a y mit etwa drei 
Jufanteriedivisionen (darunter eine Honveddivision), ferner 
eine schon im Gebiete der oberen Ung stehende Kavallerie- 
division. 
Aufgabe: Wiedereroberung des Uzfokerpasses und Vor- 
dringen längs der Straße nach Tnrka, bis auf die Höhen 
Ostry und Jaslowiec, um einer Kolonne der Armee L i n- 
f i n g e n ein Umfassen der russischen Stellung beim Verecke- 
paß, über Libnchora zu ermöglichen. 
In der Mitte: FZM. v. Puhall 0 mit dem V. Korps 
und einer Landwehrinfanteriedivision des XVIII. Korps. 
Aufgabe: Vorrückung östlich der Sloninka auf Ustrczyki 
und Unterstützung des Angriffes S z u r m a y s. 
Am linken Flügel: FML. v. Krautwald mit dem 
x. Korps und noch 2 weiteren Divisionen. 
Aufgabe: Vorrückung entlang der Eisenbahn Lupko- 
wer Paß—Sauok. 
Bei Cseremcha hatte die 20.Honveddivision die Stellung 
zu halten und überdies den Angriff der Gruppe Kraut- 
w a l d zu unterstützen. 
Eine Division: Armeereserve hinter der Gruppe Kraut- 
wald. Der Westflügel der 3.Armee war vorläufig zum 
Festhalten seiner Stellungen bestimmt. 
FML. S z u r m a y hatte eine schwere Aufgabe. Der 
Feind, etwa 2 Divisionen stark, war ziemlich weit in das 
Ungtal vorgedrungen. Seine Vortruppen hatten die Täler 
>en Rußland. 
bei Cfontos und Pataknjfalu gesperrt und die dort nächst- 
gelegenen Höhen besetzt. Die Hauptstellung befand sich 
dahinter auf dem Cholopiecrückeu, der in der 1033Meter 
hohen Studuica gipfelte, und anf den anschließenden Höhe». 
Außerdem waren auch die den Paß beherrschenden Höhen, 
vor allem die Zolobina stark befestigt. 
Die Eroberung des Uzsoker Passes. 
(23.—27. Januar 1915.) 
In mehreren Serpentinen windet sich die Straße von 
der Paßhöhe in das Ungtal hinab, wo sie dann dem Fluß- 
laufe folgend, denselben mehrmals überquert. Gleichlaufend 
mit dieser führt die Eisenbahnlinie Lemberg—Budapest. 
Es war daher naheliegend, daß dieser Übergangspunkt für 
die Russen eine ganz besondere Bedeutung haben mußte 
und sie alles daran setzten, um ihn zu halten. Mit nicht 
weniger als zwei Divisionen hatten sie die die Paßhöhe 
und das Ungtal beherrschenden vielen Kuppen und Rücken- 
linien besetzt, wobei sich ihnen die Möglichkeit bot, durch 
Vorschieben ihrer Truppen bis weit ins Ungtal, und auf 
die das Tal beherrschenden Höhen, die Verteidigung in 
mehreren hinter einander gelegenen Abschnitten zu führen. 
Ihr erster Abschnitt waren die unmittelbar nördlich des 
Ortes Csontos gelegenen Höhen, und südöstlich die Höhe 
des Kraschin (1034 Meter), dem folgte weiter rückwärts der 
Eholopiecrücken mit der 103? Meter hohen Studnica, ein 
sehr lang sich in südöstlicher Richtung hinziehender Höhen- 
kämm, der eine Umfassung von Süden her sehr erschweren 
mußte. Nördlich erschwerten gleichfalls mehrfache Rücken- 
linien, die die Anmarschlinie überquerten, die Gewinnung 
der Paßhöhe. Dieser selbst war aber die 822 Meter hohe 
Zolobina vorgelegen, während ein Kranz von teilweise be- 
waldeten Kuppen unmittelbar die Paßhöhe umgab. 
Mit der seit jeher bekannten Geschicklichkeit wußten sich 
die Russen nach allen Seiten hin auf diesen Höhen zu be- 
festigen, wozu sie den Monat Januar mit allem Eifer be- 
nützten. Das notwendige Artillerie- und sonstige technische 
Material schaffte ihnen die Bahn über Turka, aus Lemberg 
und aus Rußland. Es war ihnen nur sehr ungelegen, daß 
die Bahnbenützung nur bis zur Paßhöhe und nicht weiter 
möglich war, denn der 35 Meter hohe Viadukt bei Esorba- 
domb war von uns beim Rückzüge gesprengt worden. 
War die Verteidigungsinstandsetzung durch die Russen 
eine sehr gründliche, nicht minder durchgreifend waren die 
Vorbereitungsmaßnahmen, die FML. S z u r m a y für 
den Angriff traf. In der Voraussicht der Schwierigkeiten 
des Nachschubes während der ganzen Aktion, bei den Herr- 
schenden und noch zu gewärtigenden Witterungsverhält- 
nissen, wurde mit der Bahn alles herbeigeschafft, was an 
Transportmittel im Gebirge notwendig werden konnte: 
Wagen, Schlitten und Tragtiere. Unsere, schon von den 
Friedensmanövern her an die Strapazen des Gebirgs- 
krieges von Bosnien, Herzegowina und Tirol gewöhnten 
Truppen, boten die beste Gewähr für das Gelingen des 
kühnen Planes, durch eine weitausgreifende beiderseitige 
Umgehung den Feind aus seiner weit ausgebauten Stellung 
hiuauszumanövriereu. 
Und er gelang. 
Die Witterung war, wie erwähnt, sehr schlecht. Oben 
schneite es und herrschte starker Frost, während es im Tale 
regnete; dichter Nebel umhüllte Berg und Tal. Zeitweise 
herrschte Schneegestöber aufden Höhen und die Kälte nahm zu.
	        
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