Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Kriegsereignisse in der Adria nnd auf der 
wort. Die italienischen Hilfsschiffe für Serbien haben dank 
der Mithilfe unserer V-Boote ihre Ladung allerdings ge- 
löscht, aber auf dem nassen Grunde der See, denn selbst 
vor der seit Monaten von italienischen Kräften besetzten Bucht 
von V a l o n a kreuzten die k. u. k. I7-Boote mit Erfolg. 
In der ersten Dezemberwoche landeten dann auch einige 
kleinere französische und englische Abteilungen in 
Santi Quaranta, wohin auch italienische Truppen- 
sendungen von Bari aus abgingen. 
Am 6. Dezember wurde bekannt, daß der Dampfer „Olga" 
der ungarisch-kroatischen Schiffahrtsgesellschaft, der bei Aus- 
bruch des Krieges mit Italien durch Italien beschlagnahmt 
worden war, in der Hafeneinfahrt desLidovonVenedig 
versenkt worden sei, um die auch von Seeminen geschützte 
Hafeneinfahrt noch unfahrbarer zu machen. 
Am 7. Dezember gelang es einem unserer Unterseeboote, 
im D r i n-Golf einen albanischen Motorsegler, auf dem 
sich zo serbische Militärflüchtlinge mit Gewehren, vier Ge* 
schützen und Munition befanden, festzunehmen und nach 
C a t t a r 0 einzubringen. Am selben Tage wurde der 
englische Abgeordnete Kapitän W i l s 0 n von einem unserer 
Unterseebootsoffiziere auf einem griechischen Dampfer 
gefangen genommen, als er Briefe aus dem östlichen Mittel- 
meer nach London befördern wollte. Das britische 
Preßbureau fügte natürlich hinzu, die abgenommenen 
Papiere seien unwichtig gewesen! Bei uns war man gegen- 
teiliger Meinung..... 
Der genannte liberale Abgeordnete von Hnll, Mr. Guy 
Wilson, ist ein Mitglied der bekannten Reederfamilie. 
Cr hatte den Burenkrieg als Husarenleutnant mitgemacht 
und war vor dem Ausbruch des gegenwärtigen Krieges 
Rittmeister der freiwilligen Kavallerie Englands. 
Am 10. Dezember nachmittags hat ein Geschwader 
unserer Seeflngzeuge zu A n c 0 n a Bahnhof und Elektri- 
zitätswerk, Gasometer und militärische Objekte sehr erfolg-- 
reich mit Bomben belegt, sowie auf Venedig Bomben 
abgeworfen. Trotz des Schrapnellfeuers aus mehereren 
Geschützen und der sehr ungünstigen Witterung sind alle 
Flugzeuge unversehrt eingerückt. 
Man kann sich vorstellen, daß unseren Fliegern, die bei 
Hellem Tageslicht über der Stadt erschienen, ein böser Emp- 
fang zuteil wurde. Der Bericht des Fl 0 ttenk 0 m- 
m a n d 0 s hob auch die Heftigkeit des italienischen Ab- 
wehrfeuers besonders hervor. Um so erfreulicher war es, 
daß alle Flugzeuge unversehrt heimgekehrt sind. Sie haben 
mitten im furchtbarsten feindlichen Feuer zielbewußt und 
ohne Übereilung ihre Aufgabe gelöst und mit schweren und 
leichten Bomben militärisch wichtige Objekte beworfen. Der 
Bericht unseres Flottenkommandos betont, daß der Angriff 
sehr erfolgreich war. Diese Hervorhebung ist nicht zufällig 
in die Meldung hineingekommen, sie ist wohl überlegt und 
gibt uns einen Begriff von der Schwere der angerichteten 
Schäden, bei welchen wichtige militärische Objekte stark 
hergenommen worden sind, welche Erfolge auch aus den 
bestürzten und wuterfüllten Artikeln der italienischen Presse 
zu erkennen waren. 
Besonders hoch ist hiebet unseren Marinefliegern anzu- 
rechnen, daß sie ihre Aktion trotz ungünstigster Witterungs- 
Verhältnisse in so schneidiger Weise durchgeführt haben. 
Interessant war ein Gutachten über unsere Er- 
folge zur See, das um jene Zeit in einem großen 
englischen Blatte erschien. Es lautete: 
„Während der letzten fünf Wochen wurden von den 
Geschichte des Weltkrieges. II. 
tau während des zweiten Kriegsjahres 1915. 369 
feindlichen Unterseebooten über zo britische und französische 
Schiffe, darunter auch Transportschiffe, im Mittelländischen 
und Adriatischen Meere versenkt. Die genaue Zahl ist nicht 
bekannt, amtliche Berichte darüber werden selten veröffent- 
licht, die meisten Nachrichten kamen von Lloyds. 
Es ist anscheinend unmöglich, die öster- 
reichischen und ungarischen Häfen zu blok- 
k i e r e u, und auch die Einfahrt in das Adriatifche 
Meer scheint dem Feinde unverschlossen zu sein, da er dort 
nach Belieben auf und ab zu patrouillieren vermag." 
Konnte es den neuen Verbündeten Italiens auch nur 
wenig Freude machen, daß Italiens Armeen an den eisernen 
Mauern der österreichisch-ungarischen Heldenscharen, an der 
unerschütterlichen Grenzwacht der Monarchie zerschellten, so 
begann die Mißstimmung in London, Paris und 
Petersburg rapid zu steigen, als die Italiener sich 
gar nicht dazu anschickten, am Dardanellenabenteuer teil- 
zunehmen und gar, da Italien mit den gewundensten Aus- 
flüchten versagte, als es galt, Serbien zu retten. Sehr 
deutlich wurde ihm von seinen Verbündeten der Vorwurf 
gemacht, daß es gerade von allen Vierverbandsmächten 
an dem Balkanfeldzuge und an der Gestaltung der Adria- 
küste am interessiertesten wäre. 
Der letzte Monat des Jahres 191? brachte in der Adria 
wohl keine größeren Ereignisse, doch waren im Kleinkriege 
gegen die italienische Schiffahrt manche Erfolge zu ver- 
zeichnen. So gelang es unseren Torpedobootszerstörern 
wiederholt, mittlere Handelsschiffe und auch Segler, welche 
die albanesische Küste zu versorgen hatten, zu beschießen 
und die Verbindungen mit Albanien empfindlich zu 
bedrohen. Man ging aber darin nicht so weit, die Opera- 
tionen für den Transport des für D u r a z z 0, Val 0 na 
und Alessio bestimmten Truppenkontingents, die eine 
beträchtliche Heranziehung großer Dampfer erforderten, voll- 
kommen zu unterbinden, weil es für unsere sonstigen Kriegs- 
interessen vorteilhafter blieb, dieser Selbstschwächung des 
norditalienischen Aufgebotes keinen wirklichen Damm ent- 
gegenzusetzen. Lediglich aus diesem Grunde konnten die 
Transporte von Mannschaften pnd Kriegsmaterial in die 
bestimmten Häfen gelangen, wo sie die Landung vollzogen. 
Um diese Zeit stieß der vom Heere gecharterte Dampfer „R 
Umberto" (von 1811 Tonnen aus dem Jahre 1892) und 
der ihn begleitende Torpedojäger „I n t r e p i d 0" auf Minen. 
Der Untergang des Schiffes soll sich folgendermaßen zu- 
getragen haben: Der „Rö Umberto" befand sich am 
4. Dezember um 10 Uhr morgens zwischen Kap Glösa 
(Linguetta) und der Insel S a s e n 0, ungefähr eine Seemeile 
vor V a l 0 n a. Er war von einem Torpedoboote, das ihm 
aufz5o Meter vorausfuhr und drei anderen, die den Flanken- 
schütz gegen Unterseeboote bildeten, begleitet. Es wurde wegen 
der Minengefahr sehr vorsichtig gefahren. Plötzlich stieß das 
Schiff auf eine Mine und sank in zwölf Minuten. Dank der 
Hilfe der Torpedoboote und eines englischen Minensuchfahr- 
zeuges war es möglich, von den 800 an Bord befindlichen 
Soldaten den größten Teil ans Land zu bringen, aber üOffi- 
ziere, 7 Matrosen und 40 Soldaten ertranken. Das Schiff 
war mit 600 Tonnen Kohle beladen. Der „I n t r e p i d 0", 
der als Pilot 350Meter weit vorausfuhr, kam ohne Schaden 
davon. Dieses Vorkommnis veranlaßte die italienischen 
Blätter natürlich sofort, von den entsetzlichen Gefahren zu 
schreiben, welchen die Truppentransporte des für V a l 0 n a 
bestimmten italienischen Landungskorps ausgesetzt wären. 
„Diese Transportschiffe werden Tag und Nacht von feindlichen 
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