Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Seekrieg 1915/16. 
Linienschiffsleutnant Olaf Wulff (1914 
später Führer einer 
Der Feind schwieg, bis unsere erste Angriffsstaffel heran- 
ruderte. Das war in der finsteren Nacht auf den 7. Oktober. 
Die Pioniere hatten mitUnterstützungderMarine 
den gewaltigen Apparat an Uberschiffungsmitteln und 
Brückentrains bereitgestellt, die Monitoren lagen auf 
der Lauer? Alle diese Mannschaften, die im Schlepp des 
gepanzerten Dampfers „Tulln" der Donau-Dampfschiff- 
fahrtsgesellschaft, in der Nacht vom 6. auf den 7. als die 
Ersten ins Ungewisse nach Belgrad hinüberfuhren, haben 
Anspruch auf den größten Heldenruhm, denn was hier ge- 
leistet worden war, darf wohl jeder rühmlichsten Kriegsleistung 
gleichgestellt werden. Als unsere Pontons sich dem serbischen 
Ufer näherten, erdröhnten vom Kalimegdan die alten fran¬ 
zösischen 15 Zentimeter-Geschütze, und vom Ufer prasselte 
den Unseren Infanterie- und Maschinengewehrfeuer ent-- 
gegen. Ungeachtet der unausbleiblichen Verluste, ruderten 
die ungarischen Pioniere aus vollen Kräften weiter, während 
unsere Monitoren sowie die Landbatterien die höchste 
Feuerschnelligkeit aufboten, die erzielbar war. Als die 
Eisenboote am Ufersande aufstießen, sprangen die Jnfan- 
teristen ins Wasser und stürmten durch die Drahthindernisse 
gegen den Eisenbahndamm. In blutigem Ringen Mann 
gegen Mann wurde er genommen. Niederösterreicher, 
Küstenländer und Rumänen wetteiferten im Angriff, wobei 
die Donauflottille diesen Flußübergang, sowie die folgenden 
erbitterten Kämpfe in wirksamster Weise unterstützte, indem 
sie einen hervorragenden Anteil an der Beschießung der 
serbischen Uferbefestigungen nahm. 
Die serbische Artillerie, die von Engländern komman- 
diert worden sein soll, beschoß während dieser Operationen 
vom Kalimegdan und von der Vracarhöhe aus sowohl 
unsere landenden Truppen, als auch dieFlußschiffe, 
doch überall, wo das Aufblitzen eines Schusses eine feind¬ 
liche Geschützstellung verriet, wurde sie sofort 
durch unser unausgesetztes wohlgezieltes 
Monitorfeuer zum Schweigen gebracht. 
Die Monitorbemannungen haben in diesen 
Kämpfen eine Tapferkeit bewiesen, die auch 
in Tagen jetziger Höchstleistungen eine 
außergewöhnliche genannt werden darf, 
trotz aller Schwierigkeiten, mit welchen sie 
zu kämpfen hatten. 
Die Serben hatten die Donau, bei Auft 
bietung aller aufbringbaren Flußverteidi- 
guugsmittel, durch Schiffahrtshiudernisse 
aller Art abgesperrt und unfahrbar ge- 
macht. Es waren zahlreiche französische 
und russische Flußminen verankert wor- 
den, und zwar nicht zu Feldern vereinigt, 
sondern tückisch zerstreut. Die Minen 
schwammen in verschiedener Höhe, um bei 
jedem Wasserstand zu wirken. Auf einen 
Hochwasserstand, wie er sich anfangs Ok- 
1915 durch den gesteigerten Zufluß 
Save ergab, so daß auch die Donau 
staute, war der Gegner freilich nicht 
gefaßt. Der Verkehr saveaufwärts war 
technisch abgeschnitten worden; denn es lag 
das mittlere Glied der Semliner Eisen- 
bahnbrücke ganz im Wasser, die übrigen 
„Temes", drei Glieder wenigstens mit einem ihrer 
Enden. Ferner Hatte der Feind an die 
Steinpfeiler Torpedos montiert, die sich 
in Gelenken entsprechend dem Wasserstand auf und abbe- 
wegten. Minen und Torpedos sollten teils bei Berührung 
explodieren, teils waren sie durch Kabel mit Beobachtungs- 
stationen verbunden, um im rechten Augenblick vom Ufer 
aus gezündet zu werden. Drei solcher Minen, bedient von 
einem Verräter, flogen einmal lang nach unserem Einmarsch 
in die Luft, stifteten aber keinen Schaden. Den Täter hat 
man nicht entdeckt, wohl aber die Kabelstation in einem 
einsamen Häuschen. Auch Motorboote mit Torpedolancier- 
rohr, von englischer Marinemannschaft besetzt, waren auf-, 
geboten worden, um die Arbeit unserer Monitoren zu stören. 
Die Monitorflottille ließ sich jedoch von allen diesen Vor- 
kehrungen des Gegners nicht behindern. Der Kommandant 
der Flottille, Linienschiffskapitän L u c i ch, hatte alle Einheiten 
zur Stelle, schickte aber, um hauszuhalten, immer nur zwei 
auf einmal ins Gefecht. Eine dieser Monitoren- 
g r u p p e n kreuzte im Schutz der „K r i e g s i n s e l", um 
nach der Belgrader Festung zu wirken, als sie einen Treffer 
der französischen Artillerie erhielt. Sie dampfte sofort in 
den gedeckten Raum östlich der Festung, beschoß dabei die 
Franzosen und trieb sie von ihren Kanonen weg. Aller- 
dings erlitt sie auch mannigfache Verluste. 
Bei Nacht lenkte ein eigens erbauter Scheinmonitor 
das feindliche Feuer auf sich. Es war dies eine Atrappe aus 
Holz, deren Schornstein, um die Täuschung zu vergrößern, 
sogar rauchte, und den Patrouillenboote mitten in die Donau 
geschleppt hatten. Die Bemannung des Scheinmonitors rettete 
sich, als ihr Blendwerk die Aufmerksamkeit des Feindes erregte, 
schwimmend an Land, und lachte noch lange über diese er- 
folgreiche Kriegslist. 
Eines unserer Patrouillenboote, von Linienschiffslt. Her- 
mann B u b l a y befehligt, das mehrere Dampfer der 
Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft an der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.