Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

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Seekrieg 1915/16. 
und „Tatr a" gegen Pelag 0 sa abgedrängt, durch einen 
Granattreffer in eine Maschine und einen Kessel lahmge-- 
schössen, und blieb gestoppt, brennend und sinkend liegen. 
Er ergab sich. „E s e p e l", „Tatra" und „Li k a" 
retteten z? Mann der Bemannung, darunter den Komman-- 
danten, den Gesamtdetailoffizier und den Maschinenvor-- 
stand, die gefangen genommen wurden. Das Rettungs-- 
werk wurde von zwei, von Nordost bis auf 9000 Meter 
heraneilenden Schlachtschiffen, Typ „V i t t 0 r i 0 E m a - 
uuele", und einem Auxiliarkreuzer gestört. Im darauf- 
folgenden Feuergefecht erhielt nur „C se p e l" einen unbe-- 
deutenden Treffer, wobei ein Mann schwer, zwei Mann 
leicht verwundet wurden. Das Feuer wurde von „H e l g 0-- 
land" und den Zerstörern anscheinend mit gutem Erfolg 
auf 8000 Meter Distanz erwidert. Nach kurzer Zeit waren 
unsere Schiffe außer Schußweite. Außer den angegebenen 
hatte die k. u. k. Flotte keinerlei Verluste. 
Besonders hervorzuheben ist, daß bei dem Gefecht im 
Kanal von Porto Corfini der Torpedobootzerstörer 
„Scharfschütze", der dem feindlichen Feuer auf geringe 
Der italienische Torpsdobootszerstörer „Turbine". 
Distanz ausgesetzt war, völlig unversehrt blieb, und daß auch 
die feindlichen Treffer auf dem Kreuzer „N 0 v a r a" so wenig 
Schaden anzurichten vermochten, daß man diesen am Schiffe 
selbst von außen gar nicht bemerken konnte. An einzelnen 
Stellen mußte die Farbe erneuert werden, das war alles. 
Die in diesem Gefecht Gefallenen haben ihren Tod auf 
dem Oberdeck des Schiffes gefunden." 
Die militärische Tragweite unserer Angriffe auf die 
italienische Küste hat sich erst im Laufe einiger Wochen fest-- 
stellen lassen. Obwohl die Italiener anfangs behaupteten, 
daß die Beschädigung der Eisenbahnlinien nur ganz geringe 
fügiger Natur seien, war es auf einmal General C a d 0 r u a, 
der Oberkommandierende selbst, der später darauf hinwies, 
„daßdieMobilifierungund derAufmarfch 
der italienischen Armee gerade durch die 
anläßlich des Angriffes der österreichisch-- 
ungarischen Flotte und die an der italie- 
nischen Ostküste angerichteten Zerstörun-- 
gen auf das empfindlichste in Mitleiden-- 
fchaft gezogen waren". Der italienische Generale 
stabschef schrieb einen großen Teil der Schuld an dem Aus- 
bleiben der Erfolge gegen H st e r r e i ch--U n g a r n eben 
dieser Tätigkeit unserer Flotte zu. 
In Italien hat unsere schneidig durchgeführte Aktion 
jedenfalls die größte Bestürzung hervorgerufen, zumal die 
italienische Flotte ihrerseits untätig geblieben war, und 
der von ihr erhoffte Schutz vollständig versagte, während 
das italienische Volk gerade von ihr einen überraschenden 
Angriff auf unsere Küste erwartet hatte. 
Die k. u. k. Flotte dagegen hatte kein einziges Fahrzeug 
eingebüßt. Der Kreuzer „N 0 v a r a", der vor Venedig 
angriff, hat unter dem Feuer dieses stärksten italienischen 
Seebollwerkes an der Ostküste Italiens wohl einige Mann 
verloren, aber auch er ist erfolgreich heimgekehrt, nachdem 
er noch den kühnen Zerstörer „Scharfschütze" und ein 
Torpedoboot tapfer herausgehauen hatte. 
Das war die Einleitung, die erste Kraftprobe für unser 
Vorgehen gegen Italien. Freudig begrüßte man in der 
Heimat die rot--weiß--rote Flagge und ihre tapferen Vm 
teidiger auf der Adria! 
Der Bericht des italienischen Generalstabes über die 
österreichisch-ungarische Adriaaktion ist ein willkommenes 
Schulbeispiel für die Art, mit der das italienische Volk durch 
die amtliche Darstellung des Krieges getäuscht werden sollte. 
Der Untergang des 
italienischen Torpedo-- 
bootszerstörers„Tur- 
bine", der in früheren 
Berichten verschwieg 
gen wurde, wird als 
unbedeutendes Er- 
eignis hingestellt im 
Vergleich zu den Be¬ 
schädigungen, welche 
die österreichisch-unga- 
rische Flotte davon-- 
getragen haben sollte, 
und das arge Ver- 
halten der Mann-- 
fchaft wurde noch als 
„heroische Tat" 
gepriesen, trotzdem die Seekriegsgeschichte unseres Wissens 
zum ersten Maleden Fall zu registrieren hat, daß ein 
Kriegsschiff vor demFeinde MeFlagge strich! 
Namentlich der Eindruck des Luftkrieges gegen V e- 
nedig war ungemein groß. Die plötzliche Verdunkelung 
von Paris beim Nahen von Zeppelins ist nichts im Vergleiche 
zu der Finsternis, in die sich die Stadt der Dogen und der 
Liebenden seit Kriegsbeginn mit Anbruch der Nacht hüllte. Am 
Abend des 23. Mai hielt man die Nachricht von der Kriegs-- 
erklärung in Venedig noch geheim, um die Bewohner nicht in 
unnötige Angst wegen des möglichen österreichischen Angriffes 
zu versetzen. Trotzdem wurden Maßregeln zur völligen Ver- 
dunkelung angeordnet und jeder beeilte sich, ihnen nachzu- 
kommen. In den Kaffeehäusern, den Bars und den Privat-- 
Wohnungen löschte man alle Lichter aus. Die Menge, in freu-- 
diger Erwartung der kommenden Ereignisse, hatte ihren größten 
Spaß daran. 
Im Freudenrausch war Venedig eingeschlafen; als es in 
der Morgendämmerung die Bomben weckten, stand das See-- 
arsenal bereits in Brand. Seither hat sich das Stadtbild 
Venedigs in diesem Kriege wesentlich verändert. 
- Was man wegführen konnte, hat man allerdings weg-- 
geschafft, sogar die Pferde von S a n Marco. Aber alle 
Reichtümer einer Kunststadt vom Range Venedigs konnte man 
nicht in Kisten verpacken. Aus diesem Grunde hatte man dem 
vergoldeten Engel des Eampanile einen grauen Militärmantel
	        
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