Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Schlachten am Jsonzo. 
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Auch am Monte San Michele waren die Italiener nicht 
glücklicher. Am iz. Mai machten sie den Versuch, durch 
mehrere Jnfanterieangriffe am Nordhange des Berges in 
unsere Stellungen einzubrechen. Gleich bei dem ersten An- 
griffe gerieten sie derart in unser Artilleriefeuer, daß derselbe 
schon bei der Entwicklung ins Stocken kam und ohne Ein- 
greifen unserer Infanterie im Keime erstickt wurde. Später 
wiederholten sie den Versuch, wurden aber unter großen 
Verlusten zurückgeschlagen, ohne auch nur an die ersten Draht- 
Hindernisse zu gelangen. . , 
Für all dies Mißgeschick suchten sich die Italiener durch 
wiederholte Beschießungen von Görz und anderer, 
hinter unserer Front gelegener Orte zu rächen. Bewunde- 
rungswürdig war bei allen diesen Schrecknissen die Haltung 
der Bevölkerung. Nicht nur die Männer, auch Frauen und 
Mädchen, ja selbst die Kinder legten 
in den schlimmsten Augenblicken 
eine Ruhe an den Tag, die in Er- 
staunen setzte. — Auf Triest hatte 
schon am Gründonnerstag den 
20.April ein feindliches Flugzeug- 
geschwader einen Angriff unternom- 
men. Genau um 2 Uhr nachmittags 
wurden an dem verhängnisvollen 
Tage die ersten Apparate des ita- 
lienischen Geschwaders gesichtet. Die 
erste Meldung langte telegraphisch 
vom Beobachtungsposten bei Mug- 
gia ein, gleichzeitig fast konnte man 
schon von Servola, dem Vororte 
Triests, die Flugzeuge mit freiem 
Auge wahrnehmen. Sie flogen 
längs der Küste bis zur Werfte von 
Muggia. Dort beobachtete man 
eine Explosion im Wasser, die voll- 
kommen harmlos verlief. Dann 
überquerten die mittlerweile auf die 
Zahl sieben gestiegenen Flieger die 
Bai von Muggia und kamen direkt 
auf Servola zu. Es waren durch- 
wegs Eapronidoppeldecker und sie 
flogen in zwei deutlich getrennten 
Linien zu je drei Apparaten hinter- 
einander, vorne flog eine FührungsMaschine, jedenfalls mit 
dem Geschwaderkommandanten. Die Bewohner des Fischer- 
dorfes Servola blickten dem Besuche'mit Ruhe entgegen, wie 
schon oft, da der Ort absolut kein des Angriffes wertes Objekt 
enthält. Das einzige in Betracht kommende Gebäude, das 
große Schlachthaus, liegt 2 Kilometer abseits an der Reichs- 
straße. Die armen Fischer hatten sich grausam getäuscht. Kaum 
befand sich der Führer des Geschwaders jenseits der Kirche, 
als er durch Ausstoßen einer kleinen schwärzlichen Wolke 
ein Zeichen gab und jedes der rechtsliegenden drei Fahrzeuge 
je zwei Bomben abwarf, die bis auf eine mit furchtbarem 
Getöse knapp nacheinander platzten. In der auf den Straßen 
weilenden Menge fanden diese Bomben drei Todesopfer, 
zwei Frauen und einen Greis. Die Häuser wurden schwer 
beschädigt, fast keine Fensterscheibe im Orte blieb ganz. 
Die Kirche blieb unversehrt. 
Die Apparate zogen ohne Aufenthalt weiter gegen die 
Stadt, woher man in Servola bald die dumpfen Schläge 
von Bombenexplosionen hörte. Man zählte deren 22 und 
fürchtete für das Marinehospital, das Lloydarsenal und die 
Hauptmann Geza Freiherr von Heim. 
Austriawerfte, die alle an dem von den Feinden genommenen 
Wege liegen. Unglaublicherweise wurde aber nur die wehr- 
lose Stadt bombardiert. 6 Personen wurden getötet und 
viele verletzt. Alle Bomben fielen weitab von jedem militärisch 
wichtigen Punkte. Am ärgsten wurde das hoch oben in der 
Via dell'Jstria gelegene Kloster und Erziehungsinstitut der 
Salesianer betroffen, das kilometerweit vom Hafen entfernt 
ist, dessen Anlagen allein ein Bombardement hätten berechtigt 
und plausibel erscheinen lassen. Die erste Bombe fiel bei- 
läufig in einer Entfernung von sechs Metern vor dem Ein- 
gang der Kirche nieder, in welcher zu dieser Stunde gerade 
die 400 Zöglinge der Salesianer der Osterandacht beiwohnten. 
Das furchtbare Gedröhn der platzenden Bombe rief natürlich 
unter den Kindern eine riesige Panik hervor; doch gelang 
es den Priestern, die Zöglinge zu beruhigen, am Drängen 
und am Verlassen des Gotteshauses 
zu verhindern und so größeres Un- 
glück hintanzuhalten. Die Bombe 
durchschlug die Decke eines Keller- 
raumes, in dem sich eine große Ka- 
ninchenzucht befand. Merkwürdiger- 
weise wurde nicht ein einziges der 
Tiere getötet oder beschädigt. Eine 
zweite Bombe traf das Haupt- 
gebäude des Klosters, in welchem 
sie eine ungeheure Verheerung an- 
richtete. Insbesondere der große, 
für ungefähr iooo Personen Raum 
bietende Theatersaal wurde total 
verwüstet. Eine Frau aber, die dort 
gerade aufräumte, schleuderte der 
Druck der Explosion einige Meter 
weit in einen Winkel, wo sie un- 
versehrt und heil landete. Ein durch 
die Stichflamme des Geschosses ver- 
ursachter Brand wurde von den 
rasch herbeieilenden Klosterinsassen 
gelöscht. Überall, wo Bomben in 
der Stadt niedergefallen waren, 
liefen alle blanken Metallteile in 
der Umgebung trübe an und in der 
Luft hielt sich lange ein widerlicher 
■ Gestand. — Nach diesen Heldentaten 
zog das feindliche^Luftgeschwader wieder nach Westen ab. 
Der Monat Juli begann damit, daß unsere Truppen am 
y. nach kräftiger Artilleriewirkung die Hindernisse und 
Deckungen eines Teiles der feindlichen Front vor dem Tol- 
meiner Brückenkopf zerstörten und mit 8o Gefangenen, 
darunter 5 Offiziere, einem eroberten Maschinengewehr 
und sonstiger Kriegsbeute zurückkehrten. — Am 14. eröffneten 
die Italiener ein heftiges Artillerie- und Minenwerferfeuer 
gegen die Hochfläche von Doberdo und den Görzer Brücken- 
köpf. Nachts folgten dann Jnfanterieangriffe gegen den 
südlichen Teil der Hochfläche, die mit der Abweisung des Fein- 
des endeten. Am 16. abends setzte das Artilleriefeuer des 
Gegners zwischen dem Meere und dem Monte dei sei Busi 
wieder sehr lebhaft ein. Ein Angriff der Infanterie von den 
Adriawerken gegen unsere Stellung bei Bagni wurde ab- 
geschlagen, ebenso im Nordabschnitt der Jsonzofront ein 
Angriff auf den Mrzli vrh. — In der nächsten Zeit kam 
es nur zu Geschütz- und stellenweise Minenwerfer- und 
Handgranatenkämpfen. Wo die feindliche Infanterie Miene 
machte, zum Angriff vorzugehen, wurde sie schon durch unser
	        
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