Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Schlachten am Jsonzo. 
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Heldentaten eines unserer hier kämpfenden Truppenkörpers 
hinweisen: Der 22. und 24. November waren Ehrentage der 
Mischen Regimenter Beck Nr. 47 und Belgien Nr. 27 und 
des Kärntner Regiments Khevenhueller Nr. 7; am 28. taten 
sich das ungarische Regiment Freihr. v. Conrad Nr. 39und 
das Egerländer Landsturmregiment Nr. 6 besonders hervor; 
am 29. schlug das Budapester HonvÄregiment Nr. 1 acht 
Massenstürme auf den S. Michele, das HonvÄregiment Nr. 4 
drei solche auf S. Martino ab. — Bei den Italienern stürmte 
wieder Regiment auf Regiment, jedes in acht Schwarmreihen. 
Ihre Verluste waren entsetzlich, trotz der Sandsäcke, die sie 
zum Schutze mit sich führten. Als eine Hauptwaffe bei diesen 
Nahkämpfen fand die Hand- 
granate Verwendung, in deren 
Gebrauch sich viele unserer Sol- 
daten geradezu zu Spezialisten 
ausbildeten. Die blutigsten Ver- 
luste erlitten die Italiener übrü 
gens, wenn sie in einzelne 
unserer Gräben einzudringen 
vermochten. Dann wurden 
nämlich die Nachbarstellungen 
durch Traversen verschanzt und 
unsere Artillerie sperrte durch 
rasches Feuer die besetzten 
Partien ab, so daß die Reserven 
dem Feinde weder Munition 
noch Proviant heranbringen 
konnten. Er befand sich in 
unseren Stellungen gleichsam 
wie in einem Kerker. Auf diese 
Weise wurden neun Zehntel der 
eingedrungenen Mannschaften 
vernichtet, der Rest geriet in 
Gefangenschaft. 
So dauerten die Kämpfe 
auf Doberdo auch noch in den 
ersten Dezemberwochen fort. 
Mehr noch als in den frühe- 
ren Schlachten galten diesmal 
die Anstrengungen des Feindes 
der Eroberung von Görz. Mit 
der Kunde davon sollte das 
italienische Parlament bei sei- 
nem Zusammentreten begrüßt 
und befriedigt werden. Dieses 
Ziel gedachte die feindliche 
Heeresleitung nicht allein durch die heftigsten Angriffe gegen 
unsere Stellungen im Brückenkopfe, sondern auch durch eine 
planmäßige Beschießung der offenen Stadt zu 
erreichen. 
Schon zu Beginn der neuen Schlacht hatten Gefangene 
ausgesagt, Görz werde zusammengeschossen werden, wenn es 
nicht gelänge, es zu nehmen. Einige Tage später warfen ita¬ 
lienische Flieger Zettel ab mit der Warnung: „Flieht! Flieht 
rasch! Wir werden Görz zerstören und verbrennen!" Tat- 
sächlich fielen bereits in den ersten Tagen der großen Kämpfe 
zahlreiche Geschosse in die Stadt und am 13. November 
wurde sie von der feindlichen Artillerie über den unbezwunge- 
nen Brückenkopf hinweg unter andauerndes Feuer genommen. 
Bis zum 14. wurden 58 Zivilpersonen getötet, 50 verwundet, 
etwa 300 Häuser und fast alle Kirchen schwer beschädigt. 
Auch während der früheren Kämpfe waren viele Gebäude 
Geschichte des Weltkrieges. 
FML. Erwin Freiherr Zeidler von Görz. 
11. 
von Granaten getroffen worden; die planmäßige Zerstörung 
wurde aber erst nach Beginn der vierten Jsonzoschlacht ins 
Werk gesetzt. Am 17. November fielen schon in der ersten 
Stunde der Beschießung etwa 400 Geschosse in die Stadt, 
innerhalb zweier Stunden 3000. 38 Menschen kamen an 
diesem Tage ums Leben; breite Blutspuren bezeichneten auf 
den Straßen die Stellen, wo die Zivilbevölkerung für das 
Mißlingen des Etlöserwerkes büßen mußte. Während die 
feindliche Artillerie anfangs mit leichten Feldgeschützen und 
Schrapnells in die Stadt schoß, bediente sie sich vom 21. an- 
gefangen schwerer Granaten, die namentlich den Südteil 
heimsuchten, wo beinahe sämtliche Gebäude durch Tresser 
oder Splitter beschädigt, zahl- 
reiche Personen getötet oder 
verwundet wurden. Die Ein- 
wohner, von denen etwa 4000 
bis dahin bei ihrem Eigentum 
ausgeharrt hatten, begannen zu 
fliehen, was blieb, suchte in den 
Kellern Schutz zu finden. Das 
Waisenhaus und die Kinder- 
asyle wurden geräumt. In 
ersterem hatte eine einschlagende 
Granate 4 Kinder getötet und 
3 verletzt. Am 23. November 
war es das erstemal, daß auch 
Brandgranaten an mehreren 
Stellen explodierten, so daß 
Görz teilweise in Flammen 
stand. In der Via Seminario 
brannten das Priesterseminar 
und die Wachsfabrik, im bi- 
fchöflichen Palais und im 
Dome hatten Granaten ge- 
zündet, in der Bezirkshaupt- 
Mannschaft zerstörte ein schwerer 
Treffer das Stiegenhaus. Die 
Landesirrenanstalt in St. Peter 
bei Görz wurde beschossen, ob- 
wohl auf ihren Dächern weithin 
sichtbar die Fahnen des Roten 
Kreuzes wehten. Eine Granate 
schlug in den Krankensaal, ver- 
wundete mehrere der dort be- 
findlichen Irren und zertrüm- 
merte die Saaleinrichtung. Auch 
das Spital der Barmherzigen 
Brüder in der Stadt wurde durch eine Granate beschädigt. Bis 
zum 27. war die ganze innere Stadt von der Piazza Eorno 
bis zum Eorso Francesco demoliert. Überall schlugen helle 
Flammen auf und während man mit den Löscharbeiten be- 
schäftigt war, erschienen mehrere feindliche Aeroplane über 
der Stadt und warfen schwere Bomben ab, von denen einige 
auf die Piazza grande fielen und die Jgnatiuskirche beschä- 
digten. Nicht einmal die Toten hatten Ruhe: der Friedhof, 
auf dessen Zugänge die Italiener schon am Allerseelentage 
ihr Artilleriefeuer gerichtet hatten, war ganz aufgewühlt 
von Geschossen. * * 
* 
Auf die kriegerischen Operationen um Görz blieb die 
Beschießung der offenen Stadt natürlich ohne jeden 
Einflrß. Auf den Höhen vom Monte Sabotino bis 
Podgora scheiterten wieder die italienischen Angriffe, welche 
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