Wie 1809!
„Wir haben in den letzten Monaten gezittert nnd gebangt!
Wir mußten schweigen und bangen, real denken nnd real
handeln. Aber in dem Innersten unseres Herzens waren
wir nicht für das Feilschen und Handeln um unsere Heimat--
liche Erde und in den Tiefen ihrer Gefühle waren auch jene
dagegen in ihrer großen Mehrheit, zu denen heute die Italiener
als Erlöser kommen wollen. Sie danken für diese Art von
Erlösungsarbeit, jene Italiener Südtirols, die heute Haus
und Herd verlassen müssen, scheiden müssen von dem mit
schwieligen Händen gepflegten Heimatsboden, um Schutz zu
suchen vor den Kanonen der Erlöser. Wir haben nie rufen
dürfen: Hände weg von Tirol, das ungeteilt sein soll von
Kufstein bis zur Berner Klause, weil die Realpolitik es gebot
und weil die harte Not der Umstände uns wie in Eisenklam-
mern hielt. Hände weg von ganz Tirol, vom ungeteilten
Tirol. Hände weg vom Tiroler Volke, das das Land ver--
teidigen wird bis zum letzten Blutstropfen und lieber unter--
geht, als daß es einen Zoll kostbarer Erde preisgeben will.
Wir lassen nicht rütteln und nicht reißen an unserem schönen
Land, am Land der Treue und des Heldentums, und die
Soldaten, unsere Schützen, an den Gemarkungen des Landes,
dort, wo sich die hohe Scheidewand zwischen Treubruch und
ehrlichem Wollen auftürmt, werden stehen: Immobiles sicut
patriae montes — unbeweglich wie der Heimat Berge."
Und an der Seite der Tiroler eilten, wie so oft in alter
Zeit, die Vorarlberger an die Grenze. In den Pfingsttagen
des Jahres 1915 zogen sie aus, vom Bodensee und vom
jungen Rhein, aus dem Bregenzerwald und dem Montafon
über den Arlberg nach dem Süden. Student und Bauer,
Arbeiter und Fabriksherr, alle, die den Stutzen auf dem
Schießstand führen lernten, von dem einen Gedanken beseelt,
das Reich wider den neuen tückischen Feind zu beschirmen.
Ein herzlicher Abschied verschönte die letzte Stunde in der
Heimat. Der Landeshauptmann und Oberstschützenmeister
von Vorarlberg Adolf Rhomberg sprach zu den in
Bregenz versammelten Schützen kraft-- und mutvolle Worte,
Weihbischof Dr. Maitz gab den Feldkirchern erhebenden
religiösen Trost mit. Die Fahrt durch das Land vor dem
Arlberg war ein stetes Abschiednehmen. An den Bahnhöfen
standen dichtgedrängte Scharen, die siegreiche Heimkehr
wünschten. Wunderschöne Maientage waren es. In den Fluß-
tälern grünte und blühte es, im warmen Sonnenschein reiften
die Feldfrüchte heran; vom blauen Himmel hoben sich die
Berge klar ab in ihrer frischen, herben Schönheit. Am Brenner
oben weitet sich der Ausblick gegen Süden. Dieses herrliche
Land sollen die falschen Feinde nicht haben, so lange wir
noch atmen! So schworen alle, als sie die südtirolischen
Wein-- und Obstgärten durcheilten.
Tirol hat von alters her bis zur Abtretung im Preß-
burger Frieden 1805 seine eigentümliche, von der der übrigen
Erbländer abweichende Wehrverfassung gehabt, die
auf dem Grundgedanken beruhte, daß das Land nicht gleich
den anderen zum Heeresdienst heranzuziehen sei, dafür aber
die Pflicht habe, im Falle eines Angriffes sich auch selbst zu
verteidigen. Seit dem Jahre 1754 bestand zwar das zunächst
zur Bestreitung des Garnisondienstes im Lande bestimmte
sogenannte „Tiroler Feld- und Landregiment" auf dem
Fuße der k. k. Jnfanterieregimenter; aber der Konskription
war Tirol nicht unterworfen und auch zu den Kosten der
Erhaltung des Heeres hatte es so gut wie nichts beizutragen.
Empfang des GO. Freiherrn von Dankl in Bozen durch den Bürgermeister Dr. Perathoner.