Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Zerstörun 
mangelhaften Durchführung des mit den damaligen Mitteln 
durchaus zu bewältigen gewesenen Nachschubes und der für 
den russischen Winter unzureichenden Ausrüstung der Truppen. 
Aber selbst wenn die geschichtliche Wahrheit dem Glauben 
der Russen entgegenkäme: angesichts einer modernen Millio¬ 
nenarmee, die gar nicht in Bewegung gesetzt werden könnte, 
wenn ihr Nachschubwesen nicht einen glatt funktionierenden 
Organismus bildete, der sie von den Hilfsquellen des Opera- 
tionsgebietes unabhängig macht, ist die Verwüstnngs- 
strategie nur mehr eine jeden Sinnes bare Grausamkeit, 
begangen an friedlichen Landesbewohnern. 
War es aber planvolle Absicht der Russen, diese zu treffen, 
durch Lahmlegung der galizischen Bodenerzeugung mit- 
t in Galtzien. 199 
Auch an lebendem und totem Betriebskapital herrschte 
empfindlicher Mangel. Der Pferdebestand des Landes war 
nahezu auf die Hälfte, das sind 500 ovo Stück herabgesunken. 
Mehr als 30000Maschinen, 300000 landwirtschaftliche 
Geräte und 400000 Wagen, Schlitten, Geschirre usw. 
waren vernichtet oder geraubt worden. Wieviele Wohn- 
Häuser oder Betriebsgebäude vernichtet worden waren, kann 
man ungefähr an der Zahl der zerstörten Kirchen, die nicht 
weniger als 700 beträgt, ermessen. 
Ungeheure Verheerung war unter dem Rindvieh an- 
gerichtet worden. 2 Millionen Stück, das sind vier Fünftel 
des gesamten Viehstandes, gingen dem Lande durch Requi- 
sttion, Forttrieb und Vernichtung verloren. Und Haupt- 
In Brand gesteckte Rapk 
zuwirkeu an dem von ihren westlichen Verbündeten uu- 
rühmlich geführten Aushungerungskrieg, so vermochte auch 
dies nicht ihrer Unmenschlichkeit durch den Triumph des 
Erfolges Sinn zu verleihen. 
Der Opfermut der Bevölkerung war auch dieser Probe 
gewachsen. So hart sie auch war. Konnten doch nach der 
Befreiung Galiziens nur 40 Prozent von der Ackerfläche 
Galiziens bebaut werden! Wie schwer dies ins Gewicht 
fallen mußte, beleuchtet die Tatsache, daß die Getreide- 
Produktion Galiziens fast den vierten Teil und dessen Kar- 
toffel- und Krautfechfung die Hälfte der gesamten öster- 
reichischen ausmacht. Und selbst jene 40 Prozent des galizi- 
schen Ackerlandes konnten vorerst nur notdürftig bestellt 
werden. Überall fehlte es an Mitteln dazu. 
Alle erreichbaren Getreidevorräte hatten die Russen 
requiriert, verschleppt oder verbrannt, so daß Saatgut für 
den Anbau erst beschafft werden mußte. 
»gruben bei Boryskaw. 
sächlich waren es wertvolle Zucht- und Rassetiere als die 
größeren und schöneren Stücke. Die klaffenden Lücken, die 
die russische Invasion in den Geflügelstand Galiziens ein- 
gerissen hat, haben die übrigen Kronländer, namentlich 
aber die Reichshauptstadt Wien, durch den Mangel an Eiern 
so empfindlich zu spüren bekommen, daß statistische Angaben 
darüber vollkommen überflüssig erscheinen. 
Zu den landwirtschaftlichen Schäden zu rechnen sind 
schließlich noch die Verluste der Raiffeifenkassen. Von 
1500 blieben bloß 150, also bloß der zehnte Teil von russischer 
Raubsucht unberührt. Die übrigen verloren durch Raub des 
Bargeldes, Vernichtung der Bücher, Dokumente usw. mehr 
als eine halbe Million Kronen. 
Wie der Krieg in den herrlichen Wäldern des Landes 
gewütet hat, veranschaulicht eine Eingabe landwirtschaftlicher 
und wissenschaftlicher Vereine an die Regierungsbehörde, in 
der um Maßnahme zur Rettung der noch erhaltenen Be¬
	        
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