Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

196 Feldzug g«! 
Die Armee GO. v. Böhm-Ermolli (August 1916). 
Nach der Besetzung von Brody durch die Russen am 28. Juli 
nahmen die Kämpfe an dieser Stelle an Heftigkeit ab, um 
dafür um so hartnäckiger weiter südlich am oberen Sereth, 
westlich von Zalosce von neuem zu entbrennen. Angen- 
scheinlich war russischerseits hier der eigentliche Vorstoß nach 
Lemberg geplant, und neuerdings sammelte Brussilow 
gewaltige Truppenmassen, um sein mit Ausdauer verfolgtes 
Zielzu erreichen. Im Räume zwischen Tarnopol und Brody 
entwickelten sich im August sehr heftige Kämpfe, die jedoch 
Brussilow dem Ziel Lemberg nicht näher brachten. Be- 
sonders heftig wurde am 16. August zwischen den Ortschaften 
Perepelniki und Pienaki gekämpft, wo die Russen scheinbar 
den Zweck verfolgten, die von Brody und Tarnopol nach 
Zkoczow führenden Chausseen zu erreichen. Durch volle 
12 Stunden folgte Angriff auf Angriff, ohne daß nur 
einer über unsere Hindernisse gekommen wäre. Unsere und 
die deutsche Artillerie bildeten eine undurchdingliche Wehr. 
In der Dämmerung gelang es jedoch einer feindlichen Ab-- 
teilung, entlang eines Waldrandes beim Orte Majanow in 
einen unserer Gräben einzudringen. Doch nicht lange sollte 
sich der Feind dieses Erfolges zu erfreuen haben. Sofort 
setzte ein Gegenstoß durch die Jnfanterieregimenter Nr. 12 
(Komarom) und 72 (Pozsony), unterstützt durch die Infanterie- 
regimenter Nr. 44 und 69, ein und warf den eingedrungenen 
Feind nach kurzem aber sehr erbittertem Handgemenge wieder 
hinaus. Unsere Truppen hatten dabei selbst nur geringe 
Verluste zu verzeichnen. 
Am 22. August nahmen die Russen die Unternehmungen an 
dieser Stelle wieder auf, ernteten aber neuerlich Mißerfolge. 
Die Karpathenkämpfe im August 1916. 
In den Karpathen dauerten die Kämpfe der Streift 
Patrouillen und kleinen Kommandos fort. Die Russen hatten 
frische Kräfte, bestehend aus sibirischen und finnischen Schützen 
herangezogen. Neuer Zuschub an französischer und japanischer 
Artillerie wurde wahrgenommen, kurzum der Feind bereitete 
sich auch hier zu neuerlichen Angriffen vor. Doch auch auf 
unserer Seite hatten sich die Verhältnisse merklich gebessert. 
Seit der Übernahme des Oberkommandos durch den bei 
seinen Soldaten schon damals vergötterten Thronfolger 
Erzherzog Karl FranzJofeph durchströmte ein neuer, 
frischer Geist unsere wackeren Kämpfer in den Karpathen. 
Neu herangezogene Reserven stärkten die Front am Gebirgs- 
kämm und alles war von dem Gedanken beseelt, daß nun der 
Zeitpunkt gekommen sei, zur Vergeltung zu schreiten. Der 
Feind setzte zwar seine Anstrengungen fort, um durch Um-- 
gehungsmanöver am Tartarenpasse vorzukommen und die 
Eisenbahnlinie Körösmezö—Marmaros—Szigeth zu ge-- 
Winnen, doch war dies ein vergebliches Bemühen, denn 
jetzt kam an uns die Reihe, offensiv zu sein. Die erbitterten 
Kämpfe bei Jablonica, Worochta und Tartarow nahmen 
einen für uns günstigen Verlauf. Am 7. August machten wir 
nordwestlich Tartarow mehr als 400 Gefangene, am 8. August 
erstürmten wir eine Höhe östlich Worochta, während wir gleich-- 
zeitig weiter südlich den schwarzen Czeremosz überschritten 
und die Höhen Plaik und Dereskowata südlich Zabie in Besitz 
nahmen. Schon am 8. August überschritten wir auch den 
weißen Czeremosz und nahmen im erfolgreichen Vorschreiten 
südlich des Ortes Zabie dem zurückweichenden Feinde mehrere 
Maschinengewehre weg, hiebei noch 700 Gefangene machend. 
n Rußland. 
Am 18. wurde die Höhe Stara Obczyna, am 19. die Magura 
durch deutsche und österreichisch-ungarische Truppen erstürmt, 
wobei abermals über 600 Gefangene gemacht wurden. Am 
20. August wird der Berg Kreta genommen, und damit den 
Russen jede Aussicht benommen, in den Besitz des Überganges 
über den Hauptkamm der Karpathen zu gelangen. Auch auf 
dem Capul und an der oberen Moldawa schritt unsere Offensive 
rüstig vor, und unser kleines Ländchen im Osten wäre gewiß 
schon damals vom Feind gesäubert worden, wenn uns unser 
tückischer südöstlicher Nachbar nicht plötzlich und unerwartet 
in die Flanke gefallen wäre. 
Die Augustkämpfe in Wolhynien. 
Am 1. August wollte der Feind bei Kisielin nochmals den 
Durchbruch erzwingen. Zu sechs Angriffen wurden die Truppen 
vorgetrieben, doch vergeblich. Sie mußten jedesmal zurück- 
weichen. Am 2. August unternahm der Feind einen nächtlichen 
Vorstoß gegen unsere Stellung bei Rndka Mirynska, der völlig 
mißglückte. Fluchtartig wichen bie Russen zurück und ließen 
in diesem kaum 2 Kilometer breiten Streifen 800 (gezählte) 
Tote liegen. Ihre Gesamtzahl mag in dem teilweise durch 
hohes Getreide unübersichtlichen Gelände erheblich höher ge-- 
wesen sein. Von zwei Bataillonen des 8. Schützenregimentes 
kehrten 162 Mann, vom ganzen 7. Schützenregiment nur 
zwei Kompagnien zurück. 
Am z. August unternahm bei Rndka Mirynska das 
I. turkestanische Armeekorps einen neuerlichen Angriff. Es 
brach in unsere Gräben ein und suchte sich dort brücken- 
kopfartig zu befestigen. Preußische und bayerische Truppen 
warfen durch einen Gegenangriff die Turkestanen über den 
Fluß zurück. Ein sich dabei ausgezeichnet schlagendes Polen-- 
bataillon wird im deutschen Heeresbericht rühmend hervor-- 
gehoben. 
Am 8. August leitete starkes Trommelfeuer einen neuer- 
lichen Angriff ein. Gegen u Uhr vormittags stürmte der 
Feind in sechs Wellen mit nachfolgenden Gruppenkolonnen 
gegen Vorwerk Leonowka bei Kisielin. Offiziere führten die 
Anstürmenden, und, wie deutlich zu beobachten war, trieben 
auch Offiziere die Wellen mit der Peitsche nach vorwärts. 
Weiter südlich hatten sich gleichfalls heftige Angriffe gegen 
die dort mit den deutschen Truppen vermischten österreichisch- 
ungarischen Verbände entwickelt. Überlegener Feind drückte 
nordwestlich Liniow unsere Stellungen ein, wurde aber 
durch sofortigen Gegenstoß deutscher Truppen in seine Aus- 
gangsstellungen zurückgeworfen. (Kriegsberichte aus dem 
deutschen Hauptquartier, 20. Heft.) 
Nördlich der Bahnlinie Sarny—Kowel, wo das k. u. k. 
Armeekorps F a t h die Stochodlinie verteidigte, begannen 
nach starker Artillerievorbereitung heftige Angriffe südlich 
Stobychwa bei Zarecze. Es gelang dem Angreifer nach mehr- 
tägigen erbitterten Kämpfen und nachdem das hier an- 
greifende I. sibirische Armeekorps in täglich sich wiederholenden 
Übergangsversuchen schwere Verluste erlitten hatte, am 
8. August am linken Stochodufer Fuß zu fassen. Um die 
Sanddünen bei Zarecze entspannen sich vom 8.—10. er-- 
bitterte Kämpfe. Zwischen 8 Uhr abends und 4 Uhr vor- 
mittags zum 9. August stürmten die Sibirier nicht weniger 
als sechsmal. 
Weiter tobten die Kämpfe um die Dünen von Zarecze, 
wo die angreifenden Truppen des I. sibirischen Ameekorps 
in der Zeit von Ende Juli bis Mitte August etwa 30000 Mann 
eingebüßt haben mögen.
	        
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